21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil21.09.2017

Anzeige urheber­rechtlich geschützter Bilder in Suchmaschinen verletzt keine UrheberrechteBGH verneint Urheber­rechts­verletzung bei der Bildersuche durch Suchmaschinen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine Anzeige von urheber­rechtlich geschützten Bildern, die von Suchmaschinen im Internet aufgefunden worden sind, grundsätzlich keine Urheberrechte verletzt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt eine Internetseite, auf der sie Fotografien anbietet. Bestimmte Inhalte ihres Inter­ne­t­auf­tritts können nur von registrierten Kunden gegen Zahlung eines Entgelts und nach Eingabe eines Passworts genutzt werden. Die Kunden dürfen die im passwort­ge­schützten Bereich eingestellten Fotografien auf ihre Rechner herunterladen.

Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite die kostenfreie Durchführung einer Bilderrecherche anhand von Suchbegriffen an, die Nutzer in eine Suchmaske eingeben können. Für die Durchführung der Bilderrecherche greift die Beklagte auf die Suchmaschine von Google zurück, zu der sie auf ihrer Webseite einen Link gesetzt hat. Die Suchmaschine ermittelt die im Internet vorhandenen Bilddateien, indem sie die frei zugänglichen Webseiten in regelmäßigen Abständen nach dort eingestellten Bildern durchsucht. Die aufgefundenen Bilder werden in einem automatisierten Verfahren nach Suchbegriffen indexiert und als verkleinerte Vorschaubilder auf den Servern von Google gespeichert. Geben die Internetnutzer in die Suchmaske der Beklagten einen Suchbegriff ein, werden die von Google dazu vorgehaltenen Vorschaubilder abgerufen und auf der Internetseite der Beklagten in Ergebnislisten angezeigt.

Klägerin rügt Verletzung urheber­recht­licher Nutzungsrechte durch Veröf­fent­lichung von Vorschaubildern bei der Google-Bildersuche

Bei Eingabe bestimmter Namen in die Suchmaske der Beklagten wurden im Juni 2009 verkleinerte Fotografien von unter diesen Namen auftretenden Models als Vorschaubilder angezeigt. Die Bilder­such­ma­schine von Google hatte die Fotografien auf frei zugänglichen Internetseiten aufgefunden. Die Klägerin hat behauptet, sie habe die ausschließ­lichen Nutzungsrechte an den Fotografien erworben und diese in den passwort­ge­schützten Bereich ihrer Internetseite eingestellt. Von dort hätten Kunden die Bilder heruntergeladen und unerlaubt auf den von der Suchmaschine erfassten Internetseiten veröffentlicht. Sie sieht in der Anzeige der Vorschaubilder auf der Internetseite der Beklagten eine Verletzung ihrer urheber­recht­lichen Nutzungsrechte und hat diese auf Unterlassung, Auskunft­s­er­teilung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

BGH verneint Verletzung des ausschließ­lichen Rechts der Klägerin zur öffentlichen Wiedergabe der Lichtbilder

Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision der Klägerin zurück. Die Beklagte hat dadurch, dass sie die von der Suchmaschine aufgefundenen und als Vorschaubilder gespeicherten Fotografien auf ihrer Internetseite angezeigt hat, nicht das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 15 Abs. 2 UrhG* zur öffentlichen Wiedergabe der Lichtbilder verletzt. Das gilt auch für den Fall, dass die Fotografien ohne Zustimmung der Klägerin ins frei zugängliche Internet gelangt sind.

Öffentliche Wiedergaben liegt nur bei Kenntnis des Verlinkenden über Rechts­wid­rigkeit der Veröf­fent­lichung der Werke vor

§ 15 Abs. 2 UrhG setzt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG um und ist daher richt­li­ni­en­konform auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (GRUR 2016, 1152 - GS Media/Sanoma u.a.) stellt das Setzen eines Links auf eine frei zugängliche Internetseite, auf der urheber­rechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers eingestellt sind, nur dann eine öffentliche Wiedergabe dar, wenn der Verlinkende die Rechts­wid­rigkeit der Veröf­fent­lichung der Werke auf der anderen Internetseite kannte oder vernünf­ti­gerweise kennen konnte. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass das Internet für die Meinungs- und Infor­ma­ti­o­ns­freiheit von besonderer Bedeutung ist und Links zum guten Funktionieren des Internets und zum Meinungs- und Infor­ma­ti­o­ns­aus­tausch in diesem Netz beitragen. Diese Erwägung gilt auch für Suchmaschinen und für Links, die - wie im Streitfall - den Internetnutzern den Zugang zu Suchmaschinen verschaffen.

Anbieter von Suchfunktionen muss Rechtmäßigkeit ins Internet eingestellter Bilder nicht überprüfen

Im Streitfall musste die Beklagte nicht damit rechnen, dass die Fotografien unerlaubt in die von der Suchmaschine aufgefundenen Internetseiten eingestellt worden waren. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union besteht zwar bei Links, die mit Gewinn­er­zie­lungs­absicht auf Internetseiten mit rechtswidrig eingestellten Werken gesetzt worden sind, eine widerlegliche Vermutung, dass sie in Kenntnis der fehlenden Erlaubnis des Urheber­rechts­in­habers zur Veröf­fent­lichung der Werke im Internet gesetzt worden sind. Diese Bewertung beruht auf der Annahme, dass von demjenigen, der Links mit Gewinn­er­zie­lungs­absicht setzt, erwartet werden kann, dass er sich vor der öffentlichen Wiedergabe vergewissert, dass die Werke auf der verlinkten Internetseite nicht unbefugt veröffentlicht worden sind. Diese Vermutung gilt wegen der besonderen Bedeutung von Inter­net­such­diensten für die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Internets jedoch nicht für Suchmaschinen und für Links, die zu einer Suchmaschine gesetzt werden. Von dem Anbieter einer Suchfunktion kann nicht erwartet werden, dass er überprüft, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren aufgefundenen Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt worden sind, bevor er sie auf seiner Internetseite als Vorschaubilder wiedergibt.

Anbieter der Suchfunktion musste keine Kenntnis von fehlender Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Veröf­fent­lichung der Werke haben

Für die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe muss deshalb feststehen, dass der Anbieter der Suchfunktion von der fehlenden Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Veröf­fent­lichung der Werke im Internet wusste oder hätte wissen müssen. Im Streitfall hat das Berufungs­gericht rechts­feh­lerfrei angenommen, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bei der Wiedergabe der Fotografien als Vorschaubilder auf ihrer Internetseite damit rechnen musste, dass die Bilder unerlaubt ins frei zugängliche Internet eingestellt worden waren.

*§ 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG:

Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe).

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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