21.11.2024
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Dokument-Nr. 6947

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Urteil26.09.2008Landgericht Hamburg308 O 42/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2009, 47Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2009, Seite: 47
  • K&R 2008, 759Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2008, Seite: 759
  • MMR 2009, 55Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2009, Seite: 55
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ergänzende Informationen

Landgericht Hamburg Urteil26.09.2008

Urheber­rechtsstreit um Google-BildersucheGoogle darf urheber­rechtlich geschützte Comic­zeich­nungen nicht mehr anzeigen

Das Landgericht Hamburg hat Google die Darstellung bestimmter urheber­rechtlich geschützter Bilder in der Google-Bildersuche verboten. Das Urteil kann Auswirkungen auf alle Bilder­such­ma­schinen haben, da die Betreiber nicht in Vorhinein prüfen können, inwieweit Bilder urheber­rechtlich geschützt sind.

Ein Lizenznehmer von fünf urheber­rechtlich geschützten "PsykoMan"-Comic­zeich­nungen hatte Google verklagt, auf dessen Internetseite die Zeichnungen in der Bildersuche als sogenannte "thumbnails" in verkleinerter Form dargestellt wurden.

Auch Darstellung als "thumbnail" verletzt Urheberrechte

Das Gericht verurteilte Google, diese Darstellung der Bilder zu unterlassen. Die Verwendung der streit­ge­gen­ständ­lichen Zeichnungen verletze die dem Kläger an diesen Zeichnungen zustehenden ausschließ­lichen Nutzungsrechte. Die öffentliche Zugäng­lich­machung der "thumbnails" stelle im deutschen Recht eine gemäß § 19 a Urhebergesetz (UrhG) geschützte Nutzung der Originalfotos dar. Die Darstellung der streit­ge­gen­ständ­lichen Werke in Form des "Framing" sowie das Setzen eines "Deep-Link" verletzten die Rechte des Klägers hingegen nicht.

"Thumbnails" sind keine urheber­rechtlich zulässigen Bearbeitungen des Originals

Dem stehe nicht entgegen, dass die "thumbnails" gegenüber den Originalen stark verkleinert und mit einer viel gröberen Auflösung zum Abruf bereitgehalten werden. Denn trotz dieser Veränderungen sei die Schwelle zur freien Benutzung, wie sie § 24 UrhG vorsehe, nicht erreicht. Für eine solche freie Benutzung wäre erforderlich, dass die Fotos in einer solchen Weise benutzt worden wären, dass die den Originalen entnommenen individuellen Züge gegenüber der Eigenart neu geschaffener Werke verblassen. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil den "thumbnails" in der Bildervorschau selbst keine eigen­schöp­fe­rischen Züge innewohnten. Die Nutzung als "thumbnails" entferne sich nicht ausreichend weit von der Erscheinung der Originalfotos, als dass man von einer urheber­rechtlich nicht mehr relevanten Nutzung sprechen könnte. Denn auch die "thumbnails" wiesen die prägenden Züge der zugehörigen Originalfotos aus, wenn auch in verkleinerter Form.

Urheber­rechtliche Erlaub­ni­stat­be­stände nicht einschlägig

Die Erlaub­ni­stat­be­stände des UrhG hielt das Gericht für nicht anwendbar. So könne Google eine Nutzungs­be­rech­tigung nicht aus dem Gesichtspunkt der Erschöpfung des Verbrei­tungs­rechts gemäß § 17 Absatz 2 UrhG herleiten. Auch die Schran­ken­be­stimmung des § 44 a UrhG vermöge die Anzeige der Werke in den Ergebnislisten der Bildersuche nicht zu rechtfertigen. Streit­ge­gen­ständlich sei allein das öffentliche Zugäng­lich­machen der Werke. Das Urheberrecht privilegiere jedoch ausschließlich Verviel­fäl­ti­gungs­hand­lungen. Auch unterfalle die Wiedergabe der "thumbnails" nicht dem Zitatrecht gemäß § 51 Nr. 2 UrhG. Nach dieser Vorschrift sei die Verviel­fäl­tigung und Verbreitung zulässig, wenn Stellen eines Werkes nach der Veröf­fent­lichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt würden. Weder stellten die Ergebnislisten, in die die Comicbilder aufgenommen würden, ein selbständiges Werk dar, noch erfolge die Werknutzung durch die Beklagte als Beleg oder Erörte­rungs­grundlage für eigene geistige Ausein­an­der­set­zungen mit den dargestellten Werken. Dieser fehlende Rückbezug der streit­ge­gen­ständ­lichen Nutzung auf die mit dem Zitatrecht verbundenen Zwecke schließe eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Schran­ken­be­stimmung aus. Auch die Katalogbildfreiheit nach § 58 UrhG decke die Nutzung der Comicbilder nicht. Durch diese Vorschrift werde nur die Verviel­fäl­tigung von öffentlich ausgestellten oder zur öffentlichen Ausstellung oder zum öffentlichen Verkauf bestimmten Werken der Kunst durch den Veranstalter zur Werbung zulässig. Dies sei bei der Google-Bildersuche nicht der Fall.

Bedenken der Richter wegen Bedeutung der Suchmaschinen für Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft

Das Gericht nahm in seine Urteils­be­gründung ausdrücklich den Hinweis auf, dass es nicht verkenne, dass Suchmaschinen, wie sie Google erfolgreich betreibe, von essentieller Bedeutung für die Strukturierung der dezentralen Architektur des World Wide Web, für das Lokalisieren von weit verstreuten Inhalten und Wissen und damit letztlich für die Funkti­o­ns­fä­higkeit einer vernetzten Gesellschaft seien. Insofern sei auf die im Schrifttum und in verschiedenen Materialien der Europäischen Gesetzgebung wie auch in der Bundes­ge­setz­gebung zum Ausdruck gekommene Wertschätzung von Suchma­schi­nen­diensten verwiesen. Auch nehme das Gericht zur Kenntnis, dass eine Differenzierung zwischen rechtmäßigen und rechts­ver­let­zenden Grafiken weder technisch noch organisatorisch möglich erscheine. Ein urheber­recht­licher Verbotsanspruch hätte danach nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Existenz der Bildersuche insgesamt. Gleichwohl sehe sich das Gericht nicht in der Lage, auf Grundlage einer extensiven Auslegung von Schran­ken­be­stim­mungen, die vom Gesetzgeber für gänzlich andere Nutzungs­sach­verhalte konzipiert wurden, die Ausschließ­lich­keits­rechte der Urheber zugunsten der Beklagten einzuschränken und damit gleichsam rechtsschöpfend eine neue Schran­ken­be­stimmung in das Gesetz einzuarbeiten.

Richtungs­ent­scheidung obliegt Gesetzgeber

Auch das wirtschaftliche Interesse Googles an der Aufrecht­er­haltung der gewerblichen Tätigkeit im bisherigen Umfang rechtfertige es nicht, die Urheber­be­rech­tigten an der wirtschaft­lichen Verwertung ihrer Werke nicht zu beteiligen. Es sei damit Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte, dieses grund­rechts­re­levante Spannungs­ver­hältnis zwischen dem ohne Frage hoch anzusiedelnden Interesse der Allgemeinheit an effizientem Zugang zu grafischen Informationen im Netz sowie den wirtschaft­lichen Interessen der Beklagten einerseits und den oben skizzierten, ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Urheber andererseits aufzulösen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Gesetzgeber der grundsätzlichen Problematik der urheber­recht­lichen Haftung von Suchma­schi­nen­be­treibern bewusst sei.

Unter­las­sungs­an­spruch nur gegen hohe Sicher­heits­leistung vollstreckbar

Das Gericht entschied allerdings, dass das Urteil nur gegen Sicher­heits­leistung in Höhe von 100.000.000 € vorläufig vollstreckbar ist.

§ 19 a UrhG [Recht der öffentlichen Zugäng­lich­machung]

Das Recht der öffentlichen Zugäng­lich­machung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Quelle: ra-online (we)

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