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Bundesgerichtshof Urteil25.09.2012

Über mögliche Siche­rungs­ver­wahrung des "Westparkmörders" muss neu entschieden werdenBGH rügt rechtlich unzutreffend angelegten Maßstab des LG München I bei Entscheidung über mögliche Begehung künftiger Gewalttaten

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass über die Unterbringung des so genannten "Westparkmörders" in der Siche­rungs­ver­wahrung erneut entschieden werden muss.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Verurteilte, ein heute 37-jähriger slowenischer Bauarbeiter, am Abend des 15. Oktober 1993 aus Wut über den Ablauf dieses Tages und um Aggressionen abzubauen am Rande des Westparks in München einen zufällig vorbeikommenden, dem Verurteilten unbekannten Architekten mit zwölf wuchtig geführten Messerstichen getötet.

Täter bereits mehrfach wegen begangener Straftaten verurteilt

Aufgrund dieser Tat (Anlasstat) wurde der Verurteilte 1997 in Kroatien festgenommen und 1998 ausgeliefert. Zuvor war er in Deutschland bereits wegen anderer Taten verurteilt worden und hatte auch Jugendhaft verbüßt. So wurde er u.a. im Januar 1992 wegen Raubes, räuberischer Erpressung und anderer Delikte zu einem Jahr und sechs Monaten Jugendstrafe, ferner mit Urteil des Landgerichts vom 11. Juli 1995 wegen versuchten Totschlags und anderer im Zeitraum zwischen August und Dezember 1993 begangener Gewaltdelikte zu fünf Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Staats­an­walt­schaft beantragt nachträgliche Anordnung zur Siche­rungs­ver­wahrung

Mit Urteil des Landgerichts vom 16. Mai 2003 wurde der Verurteilte aufgrund der Anlasstat rechtskräftig wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Im Oktober 2009 hat die Staats­an­walt­schaft beantragt, gegen den Verurteilten die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 7 Abs. 2 JGG* nachträglich anzuordnen.

LG verneint Gefahr der Begehung schwerster Gewalttaten

Diesen Antrag hat das Landgericht mit Urteil vom 17. Oktober 2011 abgelehnt. Das durch drei Sachverständige beratene Landgericht hat zwar eine psychische Störung beim Verurteilten bejaht, aber im Ergebnis eine als hochgradig einzuschätzende Gefahr der Begehung schwerster Gewalttaten verneint, da diese von bestimmten, ungünstigen Faktoren abhänge, die nicht mit einer überwiegenden Wahrschein­lichkeit angenommen werden könnten.

BGH: LG legt bei Beurteilung möglicher schwerwiegender Gewalt- oder Sexual­straftaten rechtlich unzutreffenden Maßstab an

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision der Staats­an­walt­schaft das Urteil des Landgerichts mit den Feststellungen aufgehoben. Bei der Prognose, ob von dem Verurteilten mit hoher Wahrschein­lichkeit erneut schwerwiegende Gewalt- oder Sexual­straftaten zu erwarten seien, hat das Landgericht einen rechtlich unzutreffenden Maßstab angelegt, indem es davon ausging, die maßgeblichen Faktoren, wie etwa eine negative Entwicklung der Partner­schafts­si­tuation, müssten zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen. Zudem hat das Landgericht bei seiner Prognose rechts­feh­lerhaft vorgreiflich auf die Wahrschein­lichkeit für die Begehung schwererer Sexualdelikte abgestellt, obwohl sowohl die aus Mordlust begangene Anlasstat als auch die sonstigen Straftaten im Kern anders motiviert waren. * § 7 JGG Maßregeln der Besserung und Sicherung (1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entzie­hungs­anstalt, die Führungs­aufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Straf­ge­setz­buches). (2) Sind nach einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren wegen oder auch wegen eines Verbrechens 1. gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbst­be­stimmung oder 2. nach § 251 des Straf­ge­setz­buches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Straf­ge­setz­buches, durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, vor Ende des Vollzugs dieser Jugendstrafe Tatsachen erkennbar, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Siche­rungs­ver­wahrung anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Vollzugs der Jugendstrafe ergibt, dass er mit hoher Wahrschein­lichkeit erneut Straftaten der vorbezeichneten Art begehen wird.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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