18.10.2024
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Bundesfinanzhof Urteil16.03.2010

BFH: Scheinrenditen aus Schnee­ba­ll­system sind zu versteuernAuch Scheinrenditen sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusehen

Gutschriften aus Schnee­ba­ll­systemen unterliegen bereits dann der Einkommensteuer, wenn der Betreiber des Systems im Zeitpunkt der Gutschrift zur Auszahlung bereit und in der Lage gewesen wäre. Aus der Ablehnung eines sofortige Auszah­lungs­wunsches und Verhandlungen über andere Zahlungs­mo­da­litäten kann allerdings auf fehlende Zahlungs­be­reit­schaft geschlossen werden. Dies entschied der Bundesfinanzhof und bestätigte damit einerseits seine Rechtsprechung zum Zufluss von so genannten "(Schein-)Renditen" aus betrügerischen Schnee­ba­ll­systemen, andererseits grenzte er diese aber auch ein.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatten sich Ehegatten mit mehr als 200.000,- DM an einer Geldanlage beteiligt, die sich letztlich als so genanntes Schneeballsystem entpuppte. In den Streitjahren 1992 bis 1997 erhielt das Ehepaar aus der Anlage tatsächliche Auszahlungen (Zinsen) in Höhe von ca. 195.000,- DM sowie lediglich gutgeschriebene und sofort wiederangelegte Erträge in Höhe von 176.960,- DM.

Tatsächlich ausgezahlten Zinsen sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern

Die tatsächlich ausgezahlten Zinsen von ca. 195.000,- DM sind nach Auffassung des Bundesfinanzhof den Ehegatten zugeflossen und von ihnen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Grundsätzlich gilt das auch für die stehen­ge­lassenen, d.h. wieder­an­ge­legten (Schein-)Renditen. Der Bundesfinanzhof hält daran fest, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen selbst dann vorliegen, wenn ein Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger (oder gar aus seinem eigenen Anlagekapital) eine "Scheinrendite" erhält. Ob die "Scheinrendite" dem Anleger zugeflossen ist, hängt lediglich davon ab, ob im konkreten Einzelfall eine Auszahlung hätte erreicht werden können. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner (hypothetische) Zahlungen an alle Anleger hätte leisten können.

Bundesfinanzhof weist Sache zurück an das Finanzgericht

Im Streitfall war unklar, ob die Ehegatten die 1995 bis 1997 gutge­schriebenen Scheinrenditen tatsächlich hätten vereinnahmen können, zumal angesichts des Schriftverkehrs Zweifel an der Leistungs­be­reit­schaft des Schuldners bestanden. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen hat der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung daher hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Bundesfinanzhof

der Leitsatz

1. Gutschriften aus Schnee­ba­ll­systemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schnee­ba­ll­systems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutge­schriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre.

2. An der Leistungs­be­reit­schaft des Betreibers des Schnee­ba­ll­systems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszah­lungs­wunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungs­mo­da­litäten verhandelt.

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