23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil10.02.2015

Elektronische Einkom­men­steu­e­r­er­klärung: Korrektur bei schlichtem "Vergessen" eines Übertrags in die Anlage grundsätzlich möglichNachläs­sig­keiten wie bloße Übertrags- oder Eingabefehler sind nicht als grob fahrlässig zu werten

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das schlichte "Vergessen" des Übertrags selbst ermittelter Besteuerungs­grund­lagen - im Urteilsfall ein Verlustbetrag - in die entsprechende Anlage zu einer elektronischen Ein­kommen­steuer­erklärung nicht grundsätzlich als "grob fahrlässig" anzusehen ist. Danach könnten solche, die Steuerlast mindernden Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auch dann noch berücksichtigt werden, wenn sie dem Finanzamt erst nach Bestandskraft der Steuer­ver­an­lagung mitgeteilt werden.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatte im Jahr 2007 aus der Auflösung einer GmbH einen steuerlich berück­sich­ti­gungs­fähigen Verlust erzielt, über den er seinen Steuerberater zutreffend informiert hatte. In den vom Berater gefertigten elektronischen Steue­r­er­klä­rungen fehlten jedoch Angaben zu diesem Verlust; denn obwohl der Berater den Verlustbetrag persönlich berechnet hatte, vergaß er, den ermittelten Betrag in das entsprechende Feld des EDV-Programms zu übertragen. Das Finanzamt, das somit von dem Verlust keine Kenntnis erlangte, veranlagte den Kläger erklärungsgemäß.

Finanzamt lehnt Korrektur wegen eigenen Verschuldens des Steuer­pflichtigen ab

Im Jahr 2011 beantragte der Kläger nachträglich, den Verlust noch zu berücksichtigen. Das Finanzamt lehnte dies ab; denn nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei eine Änderung nur möglich, wenn den Steuer­pflichtigen kein grobes Verschulden daran treffe, dass die vorgebrachten "neuen" Tatsachen, die zu einer niedrigeren Steuer führten, erst nachträglich bekannt werden. Auch wenn dem Kläger selbst im Streitfall kein schuldhaftes Handeln vorzuwerfen sei, so habe doch der steuerliche Berater des Klägers grob fahrlässig gehandelt, indem er den Übertrag des bereits berechneten Verlustbetrages in die entsprechende Anlage zur Einkom­men­steu­e­r­er­klärung schlicht "vergessen" habe. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab.

Ausfüllen der elektronischen Steuererklärung am Bildschirm kann sich schwieriger gestalten als Ausfüllen von Formularen in Papierform

Der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurück. Der Bundesfinanzhof stellte zunächst klar, dass der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steue­r­er­klä­rungen in gleicher Weise auszulegen sei wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Allerdings seien Besonderheiten der elektronischen Steuererklärung hinsichtlich ihrer Übersicht­lichkeit bei der notwendigen Beurteilung des "individuellen Verschuldens" des Steuer­pflichtigen oder seines Beraters ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass am Compu­ter­bild­schirm ein Überblick über die ausfüllbaren Felder der elektronischen Steuererklärung mitunter schwieriger zu erlangen sei, als in einer Steuererklärung in Papierform.

Übertragungs- oder Eingabefehler zählen zu jederzeit möglichen Nachläs­sig­keiten

Gerade ein solches individuelles Fehlverhalten, für das das Finanzamt die Beweislast trage, habe das Finanzgericht im Streitfall jedoch nicht festgestellt. Die Nachlässigkeit, die im Streitfall dazu geführt habe, dass der Verlust erst nachträglich bekannt wurde, habe lediglich darin bestanden, dass der errechnete Verlustbetrag nicht in das elektronische Formular übertragen worden war. Darin liege ein unbewusster - mechanischer - Fehler, der jederzeit bei der Verwendung eines Steuerprogramms unterlaufen könne, welches den Finanzämtern die mechanische Erfas­sungs­arbeit von Steue­r­er­klä­rungsdaten abnehme. Solche bloßen Übertragungs- oder Eingabefehler zählten zu den Nachläs­sig­keiten, die üblicherweise vorkämen und mit denen immer gerechnet werden müsse; sie seien jedenfalls dann nicht als grob fahrlässig zu werten, wenn sie selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden seien.

FG muss mögliches grobes Verschulden seitens des Steuerberaters prüfen

Im zweiten Rechtszug wird nun das Finanzgericht erneut prüfen, ob den Steuerberater gegebenenfalls aus anderen Gründen ein grobes Verschulden daran trifft, dass der Verlust des Klägers dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden ist.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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