21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil30.08.2011

Steuer­pflichtiger muss sich Fehler in Steuersoftware wie Verschulen eines Steuerberaters zurechnen lassenZur Frage, ob ein grobes Verschulden des Steuer­pflichtigen bei einem Fehler in der Steuersoftware vorliegt

Wenn ein Steuer­pflichtiger eine nicht amtlich bereitgestellte Steue­r­er­klä­rungs­software nutzt und diese möglicherweise unvollständig ist, dann liegt ein grobes Verschulden des Steuer­pflichtigen vor, was zur Folge haben kann, dass eine Änderung des Einkom­men­steu­er­be­scheids zu Gunsten des Steuer­pflichtigen nicht stattgegeben wird. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden.

Im vorliegenden Streitfall hat der Kläger seine Einkom­men­steu­e­r­er­klärung 2008 unter Verwendung eines handelsüblichen Steue­r­er­klä­rungs­pro­gramms xy erstellt und dann mittels des von der Finanz­ver­waltung bereit­ge­stellten ElsterFormulars elektronisch an das Finanzamt übermittelt. Danach wurde die vom Kläger unterschriebene komprimierte Einkom­men­steu­er­klärung dem Finanzamt nachgereicht.

Kläger begehrt Änderung des Einkom­men­steu­er­be­scheides wegen vergessener Kinder­be­treu­ungs­kosten

Darauf hin ist im November 2009 der Einkom­men­steu­er­be­scheid 2008 ergangen. Im Mai 2010 hat der Kläger beantragt, den Einkom­men­steu­er­be­scheid 2008 zu seinen Gunsten zu ändern. In der Einkom­men­steu­e­r­er­klärung 2008 seien Kinderbetreuungskosten in Höhe von rd. 4.000.- € bisher nicht angegeben worden. Aufgrund der verwirrenden Steuer­vor­schriften sei ihm bei Erstellung der Steuererklärung 2008 nicht bewusst gewesen, dass diese Kosten hätten geltend gemacht werden können.

FA lehnt Änderung wegen groben Verschuldens ab

Dieser Änderungsantrag wurde vom FA mit der Begründung abgelehnt, dass den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der Kinder­be­treu­ungs­kosten ein die begehrte Änderung ausschließendes grobes Verschulden treffe. Der Umstand, dass dem Kläger die steuerliche Berück­sich­ti­gungs­fä­higkeit dieser Aufwendungen unbekannt gewesen sei, stünde einem groben Verschulden nicht entgegen, da sich die steuerliche Begünstigung auch einem Fachunkundigen durch die Anlage Kind habe aufdrängen müssen, außerdem hätte er sich auch in den Erläuterungen zur Steuererklärung informieren können.

Kläger: Steuersoftware habe Kinder­be­treu­ungs­kos­ten­formular nicht angezeigt

Mit der gegen die Entscheidung des FA gerichteten Klage trug der Kläger u.a. vor, er habe seine Steuererklärung mit dem handelsüblichen Steue­r­er­klä­rungs­programm xy erstellt, bei dem das Steuerformular selbst nicht mehr automatisch angezeigt werde, sondern das Programm durch ein eigenes Menü führe.

FG bestätigt grobes fahrlässiges Handeln durch Kläger

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, grob fahrlässiges Handeln liege insbesondere vor, wenn ein Steuer­pflichtiger seiner Erklä­rungs­pflicht nur unzureichend nachkomme, indem er unvollständige Steue­r­er­klä­rungen abgebe. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden Rechtsirrtum könne sich der Steuer­pflichtige allerdings dann nicht berufen, wenn er eine im Steue­r­er­klä­rungs­formular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantworte. Das gelte nach ständiger Rechtsprechung auch für steuerrechtlich nicht ausgebildete Laien. Im Streitfall liege grobes Verschulden vor. Im amtlichen Steue­r­er­klä­rungs­formular werde ausdrücklich nach Kinder­be­treu­ungs­kosten gefragt, in der Anleitung zur Steuererklärung würden weitere Einzelheiten erläutert. Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch und Verständnis stellten Aufwendungen für den Besuch von Kinder­ta­gess­tätten Kinder­be­treu­ungs­kosten dar. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, die von ihm verwendete Steuersoftware habe wegen einer anderen Menüführung keine Frage nach Kinder­be­treu­ungs­kosten angezeigt. Das Gericht habe darauf verzichtet, die vom Kläger verwendete Steuersoftware dahingehend zu untersuchen, ob in der eigenen Menüführung der Software keine ausdrückliche Frage nach Kinder­be­treu­ungs­kosten angezeigt werde und ob diese Software abweichend von den Einga­bemög­lich­keiten im ElsterFormular keine Einga­bemög­lichkeit für Kinder­be­treu­ungs­kosten bei fortlaufenden Eintragungen vorsehe, weil dies letztlich nicht entschei­dungs­er­heblich sei.

Risiko des Steuer­pflichtigen bei Verwendung von nichtamtlicher Steuersoftware

Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs habe der Steuer­pflichtige auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz gelten diese Grundsätze auch dann, wenn ein Steuer­pflichtiger zur Anfertigung seiner Steuererklärung eine andere als die amtlich bereitgestellte Steuersoftware verwendet. Soweit diese Steuersoftware nicht über den Funktionsumfang der amtlich bereit­ge­stellten Steue­r­er­klä­rungs­software verfüge, so habe der Steuer­pflichtige das Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12389

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI