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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil30.08.2011
Steuerpflichtiger muss sich Fehler in Steuersoftware wie Verschulen eines Steuerberaters zurechnen lassenZur Frage, ob ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen bei einem Fehler in der Steuersoftware vorliegt
Wenn ein Steuerpflichtiger eine nicht amtlich bereitgestellte Steuererklärungssoftware nutzt und diese möglicherweise unvollständig ist, dann liegt ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen vor, was zur Folge haben kann, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheids zu Gunsten des Steuerpflichtigen nicht stattgegeben wird. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden.
Im vorliegenden Streitfall hat der Kläger seine Einkommensteuererklärung 2008 unter Verwendung eines handelsüblichen Steuererklärungsprogramms xy erstellt und dann mittels des von der Finanzverwaltung bereitgestellten ElsterFormulars elektronisch an das Finanzamt übermittelt. Danach wurde die vom Kläger unterschriebene komprimierte Einkommensteuerklärung dem Finanzamt nachgereicht.
Kläger begehrt Änderung des Einkommensteuerbescheides wegen vergessener Kinderbetreuungskosten
Darauf hin ist im November 2009 der Einkommensteuerbescheid 2008 ergangen. Im Mai 2010 hat der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2008 zu seinen Gunsten zu ändern. In der Einkommensteuererklärung 2008 seien Kinderbetreuungskosten in Höhe von rd. 4.000.- € bisher nicht angegeben worden. Aufgrund der verwirrenden Steuervorschriften sei ihm bei Erstellung der Steuererklärung 2008 nicht bewusst gewesen, dass diese Kosten hätten geltend gemacht werden können.
FA lehnt Änderung wegen groben Verschuldens ab
Dieser Änderungsantrag wurde vom FA mit der Begründung abgelehnt, dass den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der Kinderbetreuungskosten ein die begehrte Änderung ausschließendes grobes Verschulden treffe. Der Umstand, dass dem Kläger die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit dieser Aufwendungen unbekannt gewesen sei, stünde einem groben Verschulden nicht entgegen, da sich die steuerliche Begünstigung auch einem Fachunkundigen durch die Anlage Kind habe aufdrängen müssen, außerdem hätte er sich auch in den Erläuterungen zur Steuererklärung informieren können.
Kläger: Steuersoftware habe Kinderbetreuungskostenformular nicht angezeigt
Mit der gegen die Entscheidung des FA gerichteten Klage trug der Kläger u.a. vor, er habe seine Steuererklärung mit dem handelsüblichen Steuererklärungsprogramm xy erstellt, bei dem das Steuerformular selbst nicht mehr automatisch angezeigt werde, sondern das Programm durch ein eigenes Menü führe.
FG bestätigt grobes fahrlässiges Handeln durch Kläger
Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, grob fahrlässiges Handeln liege insbesondere vor, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkomme, indem er unvollständige Steuererklärungen abgebe. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden Rechtsirrtum könne sich der Steuerpflichtige allerdings dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantworte. Das gelte nach ständiger Rechtsprechung auch für steuerrechtlich nicht ausgebildete Laien. Im Streitfall liege grobes Verschulden vor. Im amtlichen Steuererklärungsformular werde ausdrücklich nach Kinderbetreuungskosten gefragt, in der Anleitung zur Steuererklärung würden weitere Einzelheiten erläutert. Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch und Verständnis stellten Aufwendungen für den Besuch von Kindertagesstätten Kinderbetreuungskosten dar. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, die von ihm verwendete Steuersoftware habe wegen einer anderen Menüführung keine Frage nach Kinderbetreuungskosten angezeigt. Das Gericht habe darauf verzichtet, die vom Kläger verwendete Steuersoftware dahingehend zu untersuchen, ob in der eigenen Menüführung der Software keine ausdrückliche Frage nach Kinderbetreuungskosten angezeigt werde und ob diese Software abweichend von den Eingabemöglichkeiten im ElsterFormular keine Eingabemöglichkeit für Kinderbetreuungskosten bei fortlaufenden Eintragungen vorsehe, weil dies letztlich nicht entscheidungserheblich sei.
Risiko des Steuerpflichtigen bei Verwendung von nichtamtlicher Steuersoftware
Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs habe der Steuerpflichtige auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz gelten diese Grundsätze auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger zur Anfertigung seiner Steuererklärung eine andere als die amtlich bereitgestellte Steuersoftware verwendet. Soweit diese Steuersoftware nicht über den Funktionsumfang der amtlich bereitgestellten Steuererklärungssoftware verfüge, so habe der Steuerpflichtige das Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.10.2011
Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ ra-online
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