21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil13.12.2010

FG Rheinland-Pfalz: Fehlerhafte Steuererklärung im Elster-Verfahren nicht immer als grobes Verschulden zu bewertenAllgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass trotz Sorgfalt gerade bei größeren Dokumenten am PC Fehler vorkommen können

Unterläuft einem Steuer­pflichtigen bei der Abgabe der Einkom­men­steu­e­r­er­klärung im elektronischen Elster-Verfahren ein Fehler bei der Eingabe, kann dies nicht stets als grobes Verschulden des Steuer­pflichtigen bewertet werden. Dies entschied das Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

Im zugrunde liegenden Fall musste das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung nehmen, ob die Änderung eines Steuer­be­scheides, der aufgrund einer unvollständigen Eingabe des Steuer­pflichtigen im elektronischen Elster Verfahren ergangen war, vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass der Steuer­pflichtige grob fahrlässig gehandelt habe.

Kläger übersah eine Eingabezeile

Im Streitfall war der Kläger freiberuflich und rechtsberatend tätig. Die Einkom­men­steu­e­r­er­klärung 2006 übermittelte er mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms ElsterFormular 2006/2007 an das Finanzamt und reichte eine so genannte komprimierte Steuererklärung in Papierform unterschrieben nach. In dem elektronischen Formular hatte der Kläger in Zeile 62 des Mantelbogens - Frage nach Beiträgen zu berufs­s­tän­dischen Versor­gungs­werken - keine Eintragung vorgenommen. Darauf hin erging der Einkom­men­steu­er­be­scheid 2006 entsprechend den Angaben des Klägers. Bei Erstellung der Einkom­men­steu­e­r­er­klärung des Folgejahres bemerkte der Kläger, dass er Zahlungen an sein berufs­s­tän­disches Versorgungswerk in Höhe von rund 18.000 Euro bei der Abgabe der elektronischen Steuererklärung 2006 irrtümlich nicht in Zeile 62 des Mantelbogens eingetragen hatte und beantragte beim Finanzamt die Änderung des mittlerweile bestands­kräftigen Einkom­men­steu­er­be­scheides 2006 zu seinen Gunsten. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt, den Kläger treffe ein - die begehrte Änderung ausschließendes - grobes Verschulden daran, dass die Geltendmachung der Zahlungen bei der ursprünglichen Einkom­men­steu­er­fest­setzung unterblieben sei.

Die dagegen angestrengte Klage war demgegenüber erfolgreich.

FG: Vergessen, Irrtümer oder Nachläs­sig­keiten kein grobes Verschulden

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass ein die Änderung ausschließendes grobes Verschulden im Streitfall nicht vorliege. Als grobes Verschulden werde es in der Rechtsprechung angesehen, wenn ein Steuer­pflichtiger eine in einem Steue­r­er­klä­rungs­formular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantworte. Fehler, die üblicherweise vorkämen und mit denen immer wieder gerechnet werden müssten, dazu gehörten Vergessen, Irrtümer oder bloße Nachläs­sig­keiten, würden hingegen keine grobe Fahrlässigkeit begründen. Das Gericht gehe bei Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall davon aus, dass die Ursache für das nachträgliche Bekanntwerden der Zahlungen ein Fehler des Klägers bei Erstellung der Steuererklärung gewesen sei, an dem ihn nur einfaches Verschulden treffe. Der Kläger habe vergessen, die geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk aus seinen handschrift­lichen Notizen in die elektronische Bildmaske des Ausfüll­pro­gramms ElsterFormular 2006/2007 zu übertragen. Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass solche Fehler - trotz großer Sorgfalt - allgemein bei der Übertragung von Daten, insbesondere aber bei der Bearbeitung größerer Dokumente am PC immer wieder vorkämen, begünstigt durch die technischen Gegebenheiten einer Vielzahl von Bildmasken und Fenstern, die stets nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtdokuments zeigen würden. In diesem Zusammenhang falle eine Besonderheit in der Programmführung von ElsterFormular beim Fragenkomplex Sonderausgaben (Zeilen 61 ff des Mantelbogens) auf, die ein konti­nu­ier­liches Arbeiten an genau der streitigen Stelle erschwere. Denn - wovon sich das Gericht überzeugt habe - für die Eingabe in Zeile 61, die der Kläger für seine Ehefrau habe ausfüllen müssen, zwinge das Programm den Anwender, in die Maske der Lohnsteu­er­be­schei­nigung zu wechseln, wechsle aber anschließend nicht zurück, sondern biete die Anlage N zur weiteren Bearbeitung an. Den Kläger treffe auch kein grobes Verschulden daran, dass er das Fehlen des Betrages nicht vor dem Absenden der Daten an das Finanzamt bemerkt habe, denn in der programm­tech­nischen Funktion "Druckvorschau" würden nur die eingegebenen Erklärungstexte gezeigt, Leerzeilen würden nicht mehr erscheinen. Infolgedessen hätte dem Kläger so das Fehlen der Vorsor­ge­auf­wen­dungen nicht mehr auffallen können.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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