15.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil11.07.2019

Erbschafts­steuer: Aufgabe des geerbten Familienheims vor Ablauf von zehn Jahren kann zu Nachver­steuerung führenNachver­steuerung erfolgt auch bei Fortsetzung der Selbstnutzung des Familienheims aufgrund lebenslangen Nießbrauchs

Die Erbschaft­steuer­befreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. 07 2019 - II R 38/16 entschieden hat.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Tod ihres Ehemannes hatte die Klägerin das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich einen lebenslangen Nießbrauch vor und zog nicht aus. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b des Erbschaftsteuer- und Schen­kung­s­teu­er­ge­setzes (ErbStG) rückwirkend nicht mehr, weil die Klägerin das Familienheim verschenkt hatte.

Steuerbefreiung entfällt rückwirkend bei Aufgabe des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb

Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sogenannten Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner. Familienheim ist ein bebautes Grundstück, auf dem der Erblasser bis zum Erbfall eine Wohnung oder ein Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Beim Erwerber muss die Immobilie unverzüglich "zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" bestimmt sein. Aufgrund eines sogenannten Nachver­steu­e­rung­s­tat­be­stands entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" gehindert.

Finanzgericht und Bundesfinanzhof bejahen Rechtmäßigkeit der Nachver­steuerung

Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof bestätigten das rückwirkende Entfallen der Steuer­be­güns­tigung. Mit der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb könne die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt. Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums. Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel zuwiderlaufen. Hätten in dem Nachver­steu­e­rung­s­tat­bestand Aussagen lediglich zur weiteren Nutzung des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb getroffen werden sollen, hätte die kürzere Formulierung "Selbstnutzung zu Wohnzwecken" oder "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" ausgereicht. Der in der Vorschrift verwendete Begriff "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" spreche dafür, dass sowohl die Nutzung als auch die Eigen­tü­mer­stellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjah­res­zeitraums bestehen bleiben müssten.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online (pm/kg)

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