21.11.2024
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Dokument-Nr. 24781

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Bundesarbeitsgericht Urteil30.08.2017

Dynamik einer Verwei­sungs­klausel geht aufgrund eines Betrie­bs­übergangs nicht verlorenBAG zur Dynamik einer Verwei­sungs­klausel nach Betrie­bs­übergang

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass eine zwischen dem Betrie­bs­ver­äußerer und dem Arbeitnehmer einzel­ver­traglich vereinbarte Klausel, die dynamisch auf einen Tarifvertrag verweist, ihre Dynamik im Arbeits­ver­hältnis mit dem Betrie­bs­er­werber nicht allein aufgrund des Betrie­bs­übergangs verliert.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist seit 1986 als Stationshilfe in einem Krankenhaus beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist eine Verweisung auf den Bundes­man­tel­ta­rif­vertrag für Arbeiter/ Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Träger des Krankenhauses war ursprünglich ein Landkreis, der Mitglied im Kommunalen Arbeit­ge­ber­verband (KAV) war. Im Jahr 1995 wurde das Krankenhaus privatisiert und nunmehr von einer GmbH betrieben, die ebenfalls tarifgebunden war. Ende 1997 ging der Betriebsteil, in dem die Klägerin beschäftigt war, auf die K. FM GmbH i.G. über, die nicht Mitglied im KAV war. Im Zusammenhang mit der Ausgliederung vereinbarte die K. FM GmbH i.G. auf der Grundlage eines mit der Veräußererin und ihrem Betriebsrat geschlossenen Perso­na­l­über­lei­tungs­vertrags mit der Klägerin, dass "der BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge" für das Arbeits­ver­hältnis der Klägerin "weiterhin" Anwendung findet. In den folgenden sechs Jahren wurde der BMT-G II wie zuvor dynamisch angewandt. Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging das Arbeits­ver­hältnis der Klägerin auf die Beklagte über, die es weiterhin nach den Regelungen des BMT-G II (Stand: 31. Dezember 2003) durchführte. Mit ihrer Klage hatte die Klägerin die Anwendung des TVöD-VKA und des TVÜ-VKA auf ihr Arbeits­ver­hältnis begehrt. Sie war - anders als die Beklagte - der Auffassung, diese seien als den BMT-G II ersetzende Tarifverträge auf ihr Arbeits­ver­hältnis dynamisch anwendbar. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

EuGH verneint Verlust Dynamik von Bezug­nah­me­klauseln bei Betrie­bs­übergang

Der Bundes­a­r­beits­gericht hat mit Beschluss vom 17. Juni 2015 (Az. 4 AZR 95/14 (A)) den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um eine Vorab­ent­scheidung zur Vereinbarkeit seiner Auslegung von § 613 a Abs. 1 BGB mit dem Unionsrecht ersucht. Mit Urteil vom 27. April 2017 (Az. C-680/15 und C-681/15) entschied der EuGH, dass die RL 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeits­ver­trag­lichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betrie­bs­er­werber nicht entgegen steht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpas­sungs­mög­lich­keiten für den Erwerber vorsieht.

Verbindliche dynamische Bezug­nah­me­klausel wirkt auch weiterhin dynamisch

Die Revision der Beklagten war vor dem Bundes­a­r­beits­gericht nunmehr erfolglos. Die für die Betrie­bs­ver­äu­ßererin und die Klägerin verbindliche dynamische Bezug­nah­me­klausel wirkt auch im Arbeits­ver­hältnis der Prozessparteien weiterhin dynamisch. Ein Betrie­bs­er­werber kann nach nationalem Recht sowohl - einvernehmlich - im Wege des Änderungs­vertrags als auch - einseitig - im Wege der Änderungs­kün­digung (§ 2 KSchG) etwa erforderliche Anpassungen der arbeits­ver­trag­lichen Bedingungen vornehmen. Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungs­kün­digung zum Zwecke der "Entdy­na­mi­sierung" einer Bezug­nah­me­klausel im Einzelfall sozial gerechtfertigt ist, bedurfte im Streitfall keiner Entscheidung. Die Beklagte hat eine Änderungs­kün­digung nicht erklärt.

Erläuterungen

Der Vierte Senat hat auch in einem Paral­lel­ver­fahren die Revision der Beklagten zurückgewiesen (- 4 AZR 61/14 -). Beklagte in dem dortigen Verfahren ist ein anderes Unternehmen desselben Konzerns.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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