Bundesarbeitsgericht Urteil20.06.2013
Ordentliche Kündigung wegen außerdienstlich begangener Straftat bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit unzulässigGrundsätzlich aber personenbedingte bzw. verhaltensbedingte Kündigung möglich
Begeht ein Arbeitnehmer außerdienstlich eine Straftat, so rechtfertigt dies grundsätzlich eine personenbedingte bzw. verhaltensbedingte Kündigung. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn eine zumutbare andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen einen Wachpolizisten im Objektschutz wurde im Juni 2010 Anklage wegen unerlaubter Herstellung von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erhoben. Nachdem sein Dienstherr davon erfuhr, wurde er ordentlich gekündigt. Der gekündigte Wachpolizist wehrte sich gegen die Kündigung mit der Begründung, dass er die Straftat außerdienstlich begangen und keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis bestanden habe. Er erhob daher Kündigungsschutzklage. Sowohl das Arbeitsgericht Berlin als auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wiesen die Klage jedoch ab. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts sei die Kündigung aus personen- und verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Wachpolizist Revision ein.
Außerdienstliche Straftat rechtfertigt regelmäßig personenbedingte Kündigung
Das Bundesarbeitsgericht führte zunächst aus, dass durch eine außerdienstliche begangene Straftat eine personenbedingte Kündigung regelmäßig sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG ist. Denn durch die Herstellung verbotener Betäubungsmittel in nicht unerheblichen Umfang können berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Beschäftigten begründet werden. Damit würde die Eignung des Arbeitnehmers hinsichtlich der künftigen Erledigung der Aufgaben eines Wachpolizisten im Objektschutz in Frage gestellt werden.
Herstellung verbotener Betäubungsmittel mit hoheitlicher Funktion des Wachpolizisten im Objektschutz unvereinbar
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts sei die Herstellung verbotener Betäubungsmittel im erheblichen Umfang mit der hoheitlichen Funktion eines Wachpolizisten im Objektschutz unvereinbar. Zwar gehöre es nicht zu den unmittelbaren Aufgaben eines Wachpolizisten Betäubungsmittelstraftaten zu verfolgen. Er müsse aber im Rahmen des ihm übertragenen Objektschutzes bei einer polizeirechtlichen Gefahr, zu der auch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gehören können, einschreiten. Wer also gegen das Betäubungsmittelgesetz verstößt und sich damit im Widerspruch zu seinen Pflichten begibt, begründe berechtigte Zweifel daran, jederzeit korrekt und integer seinen Dienst vorzunehmen.
Möglichkeit der verhaltensbedingten Kündigung bestand grundsätzlich
Da der Wachpolizist zudem seine Vertragspflichten erheblich verletzte, habe nach Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts zudem die Möglichkeit einer verhaltensbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG bestanden.
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Wachpolizisten begründet Unwirksamkeit der Kündigung
Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch trotz bestehender grundsätzlich möglicher Kündigungsgründe das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Fall zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Das Berufungsgericht habe sich nämlich nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Wachpolizisten, etwa im Innendienst, bestanden habe. Wäre dies der Fall gewesen, wäre die ordentliche Kündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2014
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)