21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil07.12.2006

Präventions­verfahren für schwer­be­hinderte Beschäftigte nicht zwingend notwendigKündigung aufgrund schwerer Pflicht­ver­letzung wirksam

Auch die Kündigung eines Schwer­be­hin­derten, der ohne so genanntes Präventions­verfahren gekündigt worden ist, kann wirksam sein. Das hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden. Steht die Pflicht­ver­letzung in keinem Zusammenhang mit der Behinderung und verspricht das Verfahren von vornherein keinen Erfolg, so braucht es nicht durchgeführt zu werden.

Im dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war dem mit einem Grad von 70 schwer­be­hin­derten Kläger ordentlich gekündigt worden, weil er sich an mehreren Tagen hintereinander jeweils ca. 2 Stunden vor Ende der bezahlten Arbeitszeit von der Arbeitsstelle entfernt hatte. Der Kläger berief sich ua. darauf, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte das in § 84 Abs. 1 SGB IX vorgeschriebene Präventionsverfahren versäumt habe. Die Klage blieb - wie schon vor dem Landes­a­r­beits­gericht - auch vor dem Bundes­a­r­beits­gericht erfolglos. Das Präven­ti­o­ns­ver­fahren musste hier angesichts der Schwere der vom Landes­a­r­beits­gericht festgestellten Pflicht­ver­let­zungen nicht durchgeführt werden.

Präven­ti­o­ns­ver­fahren keine Wirksam­keits­vor­aus­setzung für Kündigung

Nach § 84 Abs. 1 SGB IX sei der Arbeitgeber bei Eintreten von Schwierigkeiten im Arbeits­ver­hältnis mit einem Schwer­be­hin­derten gehalten, so das Bundes­a­r­beits­gericht, ein im Gesetz näher ausgestaltetes Präven­ti­o­ns­ver­fahren durchführen. Kündigt der Arbeitgeber einem schwer­be­hin­derten Arbeitnehmer, ohne zuvor dieses Präven­ti­o­ns­ver­fahren durchlaufen zu haben, so führe dies für sich genommen aber nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Einhaltung des Präven­ti­o­ns­ver­fahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX sei keine formelle Wirksam­keits­vor­aus­setzung für Kündigungen gegenüber Schwer­be­hin­derten.

Kein Präven­ti­o­ns­ver­fahren bei fehlendem Zusammenhang zwischen Pflicht­ver­letzung und Schwer­be­hin­derung

Steht die Pflichtverletzung in keinem Zusammenhang mit der Behinderung und verspricht das Verfahren von vornherein keinen Erfolg, so brauche es nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts nicht durchgeführt zu werden. Könne dagegen das Präven­ti­o­ns­ver­fahren im Arbeits­ver­hältnis des Schwer­be­hin­derten auftretende Schwierigkeiten beseitigen, so könne die Unterlassung des Verfahrens zu Lasten des Arbeitgebers bei der Bewertung des Kündi­gungs­grundes Berück­sich­tigung finden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 78/06 des BAG vom 07.12.2006

der Leitsatz

Die Durchführung des Präven­ti­o­ns­ver­fahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ist keine formelle Wirksam­keits­vor­aus­setzung für den Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwer­be­hin­derten Menschen. Die Vorschrift stellt eine Konkretisierung des dem gesamten Kündi­gungs­schutzrecht innewohnenden Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satzes dar.

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