15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 24274

Drucken
Urteil14.11.2011Bundesarbeitsgericht10 AZR 526/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2012, 179Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2012, Seite: 179
  • MDR 2012, 531Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 531
  • NJW 2012, 8Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 8
  • NZA 2012, 81Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2012, Seite: 81
  • ZIP 2012, 385Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2012, Seite: 385
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Hanau, Urteil30.09.2009, 3 Ca 17/09
  • Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil26.07.2010, 7 Sa 1881/09
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil14.11.2011

BAG: Kombination von Freiwillig­keits­vorbehalt und Wider­rufs­vor­behalt in arbeits­ver­trag­licher Klausel unzulässigArbeitsgeber muss zwischen beiden Vorbehalten wählen

Eine arbeits­vertragliche Klausel, die neben einem Freiwillig­keits­vorbehalt auch einen Wider­rufs­vor­behalt beinhaltet, ist wegen des Verstoßes gegen das Trans­pa­renzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Der Arbeitgeber muss daher zwischen den beiden Vorbehalten wählen. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Sozialpädagoge erhielt seit mehr als 20 Jahren von seinem Arbeitgeber im November ein 13. Monatsgehalt. Aufgrund einer angespannten wirtschaft­lichen Situation verweigerte der Arbeitgeber im Jahr 2008 eine Auszahlung der Sonderzahlung. Dies ließ der Sozialpädagoge nicht gelten. Er meinte, er habe aufgrund der langjährigen Praxis seines Arbeitgebers einen Anspruch auf das 13. Monatsgehalt erworben. Der Arbeitgeber sah dies anders und verwies auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach Sonderzahlungen freiwillig gewährt werden und jederzeit widerruflich seien. Der Sozialpädagoge erhob schließlich Klage. Das Arbeitsgericht Hanau und das Landes­a­r­beits­gericht Hessen gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision des Arbeitgebers.

Anspruch auf 13. Monatsgehalt

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Arbeitgebers zurück. Dem Sozialpädagogen stehe ein Anspruch auf das 13. Monatsgehalt für das Jahr 2008 zu. Der Sozialpädagoge habe angesichts der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung sowie der Höhe der Sonderzahlung nach Treu und Glauben davon ausgehen dürfen, dass der Arbeitgeber sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung habe verpflichten wollen. Dem stehe nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber durch eine Klausel im Arbeitsvertrag die Freiwilligkeit und die jederzeitige Wider­ruf­lichkeit der Leistung vorbehielt.

Kombination von Freiwil­lig­keits­vor­behalt und Wider­rufs­vor­behalt unzulässig

Die Klausel sei nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstoße damit gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie sei unklar und missver­ständlich. Der Arbeitgeber habe eine freiwillige Leistung unter einem Wider­rufs­vor­behalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entstehe schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Wider­rufs­vor­behalt hingegen habe der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behalte sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern. Werden beide Vorbehalte kombiniert, werde nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von der vertraglichen Bindung zu lösen. Erfolgen dann noch mehrfache Sonderzahlungen ohne weitere Vorbehalte, sei erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechts­bin­dungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.

Keine Wirksamkeit nur des Freiwil­lig­keits­vor­behalts

Nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts könne die Klausel auch nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwil­lig­keits­vor­behalt verbleibe. Dies komme hier nicht in Betracht, da die Intransparenz der Klausel und damit ihre Unwirksamkeit gerade aus der Kombination zweier Klauselteile folge, die jeweils für sich genommen transparent sein mögen. Die Streichung eines unwirksamen Teils sei daher hier nicht möglich.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24274

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI