21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil09.12.2015

Bei Dauer­nacht­arbeit besteht Anspruch auf Nacht­arbeits­zu­schlag auf 30 %Besondere Belastungen führen zu höherem Ausgleichs­an­spruch

Bestehen keine tarif­ver­trag­lichen Aus­gleichs­regelungen, haben Nacht­a­r­beit­nehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nacht­arbeits­zu­schlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den Brutto­stun­denlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Nacht­a­r­beits­s­tunden angemessen. Bei Dauer­nacht­arbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30 %. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist bei der Beklagten als Lkw-Fahrer im Paket­li­ni­en­trans­port­dienst tätig. Die Arbeitszeit beginnt in der Regel um 20.00 Uhr und endet unter Einschluss von Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn in Höhe von zunächst etwa 11 %. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20 % an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeit­aus­gleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nacht­a­r­beits­s­tunden zu gewähren.

Nacht­a­r­beit­nehmer steht gesetzlicher Anspruch auf angemessenen Nacht­a­r­beits­zu­schlag oder angemessene Anzahl bezahlter freier Tage zu

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landes­a­r­beits­gericht stellte hingegen nur einen Anspruch in Höhe 25 % fest. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Bestehen - wie im Arbeits­ver­hältnis der Parteien - keine tarif­ver­trag­lichen Ausgleichs­re­ge­lungen, haben Nacht­a­r­beit­nehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nacht­a­r­beits­zu­schlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den Brutto­stun­denlohn bzw. die entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen. Eine Reduzierung der Höhe des Nacht­a­r­beits­aus­gleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeits­be­reit­schaft oder Bereit­schafts­dienst eine spürbar geringere Arbeits­be­lastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichs­an­spruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeits­wis­sen­schaft­lichen Erkenntnissen bei Dauer­nacht­arbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nacht­a­r­beits­zu­schlag in Höhe von 30 % bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauer­nacht­arbeit erbringt, steht ihm ein Ausgleichs­an­spruch in Höhe von 30 % zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant. Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nacht­a­r­beits­zu­schlag enthalten ist, bestehen nicht.

In einem ähnlich gelagerten Fall (- 10 AZR 29/15 -) hatte das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf (Urteil vom 19. November 2014 - 7 Sa 417/14 -) die Beklagte zur Zahlung eines Nacht­a­r­beits­zu­schlags in Höhe von 30 % verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat das Bundes­a­r­beits­gericht zurückgewiesen. In einem weiteren Fall (- 10 AZR 156/15 -) hat das Bundes­a­r­beits­gericht die Entscheidung der Vorinstanz (LAG München, Urteil vom 29. Januar 2015 - 4 Sa 557/14 -) aus prozessualen Gründen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen.

*§ 6 Abs. 5 ArbZG lautet:

Soweit keine tarif­ver­trag­lichen Ausgleichs­re­ge­lungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nacht­a­r­beit­nehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Brutto­a­r­beits­entgelt zu gewähren.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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