21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil31.08.2005

Pauschale Abgeltung von Nacht­a­r­beits­zu­schlägen - einseitige Ausschluss­fristen

Der Kläger war bei dem beklagten privaten Rettungsdienst bis zum 31. März 2002 mit einer Stunden­ver­gütung in Höhe von 7,93 Euro als Rettung­s­as­sistent beschäftigt. Anschließend war er gegen ein festes Grundgehalt in Höhe von 1.690,00 Euro (= 9,07 Euro je Arbeitsstunde) tätig. Mehra­r­beits­s­tunden sollten mit 7,93 Euro vergütet werden. Im Brutto­a­r­beits­entgelt waren nach dem vorformulierten Arbeitsvertrag Nacht­a­r­beits­zu­schläge enthalten. Nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses hat der Kläger die Zahlung von Nacht­a­r­beits­zu­schlägen verlangt.

Die Klage hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht für die Zeit bis Ende März 2002 Erfolg. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nacht­a­r­beit­nehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Brutto­a­r­beits­entgelt zu gewähren. Nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses kommt nur noch die Gewährung eines Zuschlags in Betracht. Für Angehörige eines Rettungs­dienstes ist regelmäßig ein Zuschlag in Höhe von 10 % des Arbeits­ver­dienstes angemessen. Durch den Zuschlag soll für diesen Personenkreis nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis abgegolten werden. Der ansonsten mit dem Zuschlag verbundene Zweck, Nachtarbeit einzuschränken, kommt hier nicht zum Tragen.

Für die Zeit ab April 2002 stehen dem Kläger keine weiteren Nachtzuschläge zu. Ein Nacht­a­r­beits­zu­schlag kann auch in einem einheitlichen Gehalt enthalten sein. In diesem Fall ist die Pauscha­l­ab­geltung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB einer Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu unterziehen. Bei der Prüfung, ob die pauschale Abgeltung des Nacht­a­r­beits­zu­schlags klar und verständlich geregelt ist, sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden individuellen Umstände zu berücksichtigen. Diese können - wie im vorliegenden Fall - dazu führen, dass eine nach objektiven Maßstäben intransparente Regelung der Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB Stand hält.

In einem umfangreichen Formu­la­r­a­r­beits­vertrag inmitten der Schluss­be­stim­mungen nach salvatorischen Klauseln und Schrift­form­klauseln geregelte Ausschluss­fristen, sind nach dem äußeren Erschei­nungsbild des Vertrags so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Solche Klauseln werden gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags. Eine Klausel, nach der Ansprüche binnen einer bestimmten Frist geltend zu machen sind, ohne dass eine Rechtsfolge an die Nichteinhaltung dieser Frist geknüpft ist, führt regelmäßig nicht zum Verfall der Ansprüche. Zudem benachteiligen vorformulierte Ausschluss­fristen, nach denen nur der Arbeitnehmer binnen einer bestimmten Frist Ansprüche aus dem Arbeits­ver­hältnis geltend zu machen hat, den Arbeitnehmer unangemessen und sind deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. September 2004 - 3 Sa 245/04 -

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.08.2005

der Leitsatz

1. Für Angehörige eines Rettungs­dienstes ist regelmäßig ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 % des Arbeits­ver­dienstes iSv § 6 Abs. 5 ArbZG angemessen.

2. Einseitige Ausschluss­fristen in Formu­la­r­a­r­beits­ver­trägen, die nur für den Arbeitnehmer zum Anspruchs­verlust führen, widersprechen einer ausgewogenen Vertrags­ge­staltung und sind deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

3. Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer Verbraucher iSv § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist.

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