15.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil26.07.2016

Friedenspflicht verletzender Streik begründet Schadens­ersatz­pflicht der streikführenden GewerkschaftGewerkschaft der Flugsicherung (GdF) muss Schadens­ersatz­zahlungen an Fraport AG leisten

Ein Streik, dessen Kampfziel auch auf die Durchsetzung von Forderungen gerichtet ist, welche die in einem Tarifvertrag vereinbarte Friedenspflicht verletzen, ist rechtswidrig. Er verpflichtet bei schuldhaftem Handeln zum Ersatz der dem Kampfgegner entstandenen Schäden. Die streikführende Gewerkschaft kann nicht einwenden, dass die Schäden auch bei einem Streik ohne friedens­pflicht­verletzende Forderungen entstanden wären. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) vertritt die berufs- und tarif­po­li­tischen Interessen des Flugsi­che­rungs­per­sonals. Sie hatte mit der Betrei­ber­ge­sell­schaft des Frankfurter Flughafens - der Fraport AG (Fraport) - einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Vorfeld­kon­trolle und Verkehrs­zentrale geschlossen, dessen Bestimmungen für die Laufzeit des Tarifvertrags abschließend sein sollten. Die Regelungen in § 5 bis § 8 des Tarifvertrags waren erstmalig zum 31. Dezember 2017 kündbar, die übrigen bereits zum 31. Dezember 2011. Nach Teilkündigung des Tarifvertrags mit Ausnahme von § 5 bis § 8 durch die GdF zum 31. Dezember 2011 verhandelten diese und Fraport über einen neuen Tarifvertrag. Ein vereinbartes Schlich­tungs­ver­fahren endete mit einer Empfehlung des Schlichters. Diese enthielt entsprechend den Schlich­tungs­ver­hand­lungen auch Ergänzungen zu dem noch ungekündigten Teil des Tarifvertrags. Am 15. Februar 2012 kündigte die GdF gegenüber Fraport an, ihre Mitglieder zu einem befristeten Streik mit dem Ziel der Durchsetzung der Schlich­te­r­emp­fehlung aufzurufen. Der am 16. Februar 2012 begonnene Streik endete aufgrund einer gerichtlichen Unter­las­sungs­ver­fügung am 29. Februar 2012.

BAG erklärt durchgeführten Streik für rechtswidrig

Mit ihrer Klage hat Fraport von der GdF den Ersatz ihr aufgrund des Streiks entstandener Schäden verlangt. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die hiergegen von Fraport eingelegte Revision hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Der von der GdF getragene, als einheitliche und unteilbare Handlung zu beurteilende Streik war rechtswidrig. Er diente der Durchsetzung der Schlich­te­r­emp­fehlung und damit auch der Modifizierung von ungekündigten Bestimmungen des Tarifvertrags. Hinsichtlich dieser Regelungen galt nach wie vor die tarif­ver­traglich vereinbarte erweiterte Friedenspflicht. Diese verwehrte es der GdF, Änderungen mit Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen.

BAG bejaht Schaden­s­er­satz­pflicht der GdF gegenüber Fraport

Ihr Einwand, sie hätte denselben Streik auch ohne die der Friedenspflicht unterliegenden Forderungen geführt (sogenanntes rechtmäßiges Alter­na­tiv­ver­halten), ist unbeachtlich. Es hätte sich wegen eines anderen Kampfziels nicht um diesen, sondern um einen anderen Streik gehandelt. Weil die GdF schuldhaft gehandelt hat, ist sie Fraport gegenüber aus Delikt und wegen Vertrags­ver­letzung zum Ersatz von streikbedingten Schäden verpflichtet. Zu deren Feststellung ist die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen worden.

Hinweis:

Erläuterungen
In der vom Bundes­a­r­beits­gericht verhandelten und entschiedenen Sache ging es auch um die Revisionen von zwei Flugge­sell­schaften. Diese hatten von der GdF den Ersatz der durch den Streik entstandenen Schäden verlangt. Ihre gegen die klage­ab­wei­senden Entscheidungen gerichteten Revisionen hatten keinen Erfolg. Als Drittbetroffene haben sie keinen Schaden­s­er­satz­an­spruch (vgl. hierzu auch Bundes­a­r­beits­gericht, Urteil v. 25.08.2015 - 1 AZR 754/13 - ).

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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