18.10.2024
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Arbeitsgericht Braunschweig Urteil25.11.2019

VW-Abgasskandal: Führungskraft der Volkswagen AG scheitert mit Kündigungs­schutz­klageArbeitgeber kann sich auf Verdacht einer schwerwiegenden Pflicht­ver­letzung des Arbeitnehmers stützen

Die fristlose Kündigung einer Führungskraft im Management der Volkswagen AG, wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Pflicht­ver­letzung aufgrund Diebstahls und Vernichtung einer Festplatte im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal, ist rechtmäßig. Dies entschied das Arbeitsgericht Braunschweig.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit insgesamt dreier jeweils fristlos, hilfsweise fristgemäß ausgesprochener Kündigungen und Zahlung von Arbeitsentgelt. Die Volkswagen AG beantragte im Wege der Widerklage die Feststellung, dass ihr der Kläger auf Schadensersatz haftet. Die Arbeitgeberin warf dem Kläger vor, dass er die Nutzung unerlaubter Abgassoftware in den USA trotz frühzeitiger Kenntnis ab dem Jahr 2011 nicht verhindert, sondern gebilligt habe, deren Weiter­ent­wicklung genehmigt und Daten vernichtet habe. Der Kläger macht geltend, dass er erst im Juli 2015 von der Abgassoftware Kenntnis erlangt und unmittelbar für eine vollständige Offenlegung der Problematik gegenüber den ermittelnden US-Behörden plädiert habe - im Gegensatz zum damaligen Vorstands­vor­sit­zenden. Sein Verant­wor­tungs­bereich habe nicht die Zulassung von Fahrzeugen mit problematischer Abgassoftware umfasst. Er habe lediglich die Vernichtung einer leeren Festplatte veranlasst, bevor er von der Arbeitgeberin zur generellen Aufbewahrung von Daten verpflichtet wurde. Eine nachfolgende Kündigung wurde auf die unbefugte Nutzung von Dienstwagen und Tankkarten gestützt. Die dritte Kündigung wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Anklageerhebung gegen den Kläger durch die Staats­an­walt­schaft Braunschweig ausgesprochen.

Verhalten des Klägers macht Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses für Arbeitgeberin nicht länger hinnehmbar

Das Arbeitsgericht Braunschweig wies die Kündigungsschutzklage insgesamt ab. Bereits die erste fristlose Kündigung aus August 2018 sei wirksam, da die Arbeitgeberin sich insoweit auf den Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Klägers in Bezug auf die Vernichtung einer Festplatte im Zeitraum Ende August/Anfang September 2015 stützen kann. Das Gericht erkennt insoweit einen auf objektive Tatsachen gestützten Verdacht, dass der Kläger eine vorsätzliche Daten­un­ter­drückung begangen hat, indem er die Festplatte aus dem Büro des damaligen Bereichsleiters Entwicklung in dessen Abwesenheit holen und vernichten ließ. Die Vernichtung sei im Zusammenhang mit der drohenden Aufdeckung des Diesel-Skandals erfolgt, um dessen Problematik der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst habe. Der Kläger habe keine Begründung dafür liefern können, weshalb er gerade zu diesem Zeitpunkt die Vernichtung veranlasst habe und wieso die Festplatte unbedeutend (d. h. ohne erhebliche Daten) gewesen sei, zumal er selbst eingeräumt habe, die Festplatte vor der Anweisung zur Vernichtung nicht überprüft zu haben. Insbesondere aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs mit der drohenden Aufdeckung des Diesel-Skandals bestehe der dringende Verdacht, dass sich auf der Festplatte erhebliche Daten befunden haben könnten. Das Verhalten des Klägers mache die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses für die Arbeitgeberin nicht länger hinnehmbar. Der Kläger sei zu den Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung angehört worden. Die Kündigung sei innerhalb der gesetzlichen zweiwöchigen Frist für eine außer­or­dentliche Kündigung ausgesprochen worden. Der Betriebsrat sei zur Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Da die erste Kündigung das Arbeits­ver­hältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst hat, habe der Kläger keine Ansprüche auf Vergütung für die der Kündigung nachgelagerten Zeiträume.

Widerklage der VW AG erfolglos

Die Widerklage wies das Gericht als unbegründet ab. Eine schuldhafte Pflicht­ver­letzung des Klägers sei nicht für alle ihm im Rahmen der Widerklage angelasteten Schaden­s­po­si­tionen, die ab dem 1. Oktober2011 eingetreten sind, festzustellen. Denn der Kläger habe erst an diesem Tag seinen Dienst bei der Volkswagen AG angetreten und es sei nicht ersichtlich, dass er bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Kenntnis von der unerlaubten Abgassoftware hatte und für deren Verwendung die sofortige Verantwortung trage.

Die Kosten des Rechtsstreits legte das Arbeitsgericht zu 10 % dem Kläger und zu 90 % der Arbeitgeberin auf.

Quelle: Arbeitsgericht Braunschweig/ra-online (pm/kg)

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