21.11.2024
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Arbeitsgericht Darmstadt Urteil12.06.2014

Bewerberin hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung aufgrund ÜbergewichtsArbeitsgericht Darmstadt verneint Diskriminierung wegen einer Behinderung und weist Klage auf Schmerzens­geld­zahlungen von 30.000 Euro ab

Das Arbeitsgericht Darmstadt hat die Klage einer Bewerberin auf 30.000 Euro Schmerzensgeld wegen Diskriminierung aufgrund ihres Gewichts abgewiesen. Die Frau war wegen einer Nachfrage ihres potentiellen neuen Arbeitsgebers zu ihrem Körpergewicht der Auffassung, dass sie die ausgeschriebene Stelle als Geschäfts­führerin des eingetragenen Vereins aufgrund ihres Übergewichts nicht bekommen hätte. Das Arbeitsgericht Darmstadt verneinte jedoch eine Diskriminierung wegen einer Behinderung und wies Klage ab.

Die 1972 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls verlangte von den Beklagten zu 1) und 2) Entschädigung und Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro. Ihre Begründung lautet, sie sei als Stellen­be­werberin von diesen wegen vermeintlichen Übergewichts und damit wegen einer angenommenen Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG) benachteiligt worden. Hilfsweise stützt sie die geltend gemachten Ansprüche u. a. auf eine Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechtes.

Bei dem Beklagten zu 1), einem eingetragenen Verein, handelt es sich um eine Patien­ten­or­ga­ni­sation auf Bundesebene, welche ausschließlich gemeinnützige Ziele im Rahmen der Gesund­heits­för­derung verfolgt. Seine Mitglieder sind Selbst­hil­fe­gruppen und Einzel­mit­glieder sowie Förderer. Die Beklagte zu 2) war als stell­ver­tretende Vorsitzende und kommissarische Geschäfts­führerin des Beklagten zu 1) mit der beabsichtigten Einstellung der Klägerin als Geschäfts­führerin befasst.

Vorstands­mitglied stellt Bewerberin Fragen zu ihrem Körpergewicht

Die Beklagte zu 2) und ein weiteres Vorstands­mitglied führten mit der Klägerin ein Vorstel­lungs­ge­spräch. Sie vereinbarten mit der Klägerin ein weiteres Vorstel­lungs­ge­spräch. Vor dem geplanten weiteren Vorstel­lungs­ge­spräch schrieb die Beklagte zu 2) die Klägerin an und fragte sie, was dazu geführt habe, dass sie kein Normalgewicht habe. Es gehe auch darum, dass die Klägerin bei Mitglie­der­ver­samm­lungen anwesend sein müsse und dass vielen Mitgliedern immer wieder gesagt werden müsse, dass sie das Thema Übergewicht ausschalten müssten [...]. In ihrem jetzigen Zustand wäre die Klägerin natürlich kein vorzeigbares Beispiel und würde die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren.

Zu dem vereinbarten zweiten Vorstel­lungs­ge­spräch erschien die Klägerin nicht.

Klägerin verlangt Entschädigung von mindestens 30.000 Euro

Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 2) habe ihrem Ehemann gegenüber deutlich gemacht, sie brauche zu dem zweiten Vorstel­lungs­ge­spräch nicht zu erscheinen, wenn sie die Gründe für ihr Übergewicht nicht nennen wolle. Sie meint, als Entschädigung sei ein Jahresgehalt, mindestens aber 30.000 Euro zu zahlen, denn die Entschädigung müsse eine abschreckende Wirkung haben.

Klägerin wurde wegen Nicht­er­scheinens zum zweiten Vorstel­lungs­ge­spräch nicht eingestellt

Die Beklagten bestreiten, dass die Klägerin wegen ihres vermeintlichen Übergewichts bzw. einer angenommenen Behinderung nicht eingestellt worden sei. Die Klägerin sei nicht eingestellt worden, weil sie ohne Angabe von Gründen zu dem zweiten Vorstel­lungs­ge­spräch nicht erschienen sei. Die Zahlung einer Entschädigung in der Höhe von 30.000 Euro sei für sie existenz­ver­nichtend.

Arbeitsgericht verneint Anspruch auf geltend gemachte Forderungen

Das Arbeitsgericht Darmstadt entschied, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Die geltend gemachten Ansprüche ergeben sich nicht aus § 15 Abs. 2 AGG. Es liegt keine Diskriminierung wegen einer Behinderung im nationalen/unions­recht­lichen Sinne vor. Die Klägerin ist unstreitig nicht behindert und auch tatsächlich nicht so übergewichtig, dass eine Behinderung im nationalen/unions­recht­lichen Sinne in Betracht käme. Es ist auch nicht ausreichend deutlich geworden, dass die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung von einer Behinderung im Rechtssinne ausgegangen ist.

Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts liegt nicht vor

Der geltend gemachte Anspruch auf Schmerzensgeld ergibt sich auch nicht aus anderen Anspruchs­grundlagen wie z. B. der Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechtes. Es liegt kein wider­recht­licher Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Klägerin vor. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Klägerin in erster Linie wegen ihres vermeintlichen Übergewichtes nicht eingestellt worden ist. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass die Klägerin zunächst zu einem zweiten Vorstel­lungs­ge­spräch eingeladen wurde.

Sofern die Beklagten sich bei der Entscheidung, ob die Klägerin als Geschäfts­führerin eingestellt wird, auch von dem äußeren Erscheinungsbild der Klägerin und ihrer mangelnden Bereitschaft, sich hierüber auszutauschen, bestimmen ließen, liegt hierin kein wider­recht­licher Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht.

Vereint musste Entscheidung über Einstellung der Klägerin nicht gänzlich unabhängig vom äußeren Erschei­nungsbild der Bewerberin treffen

Eine Rechtspflicht des Beklagten, seine Entscheidung über die Einstellung gänzlich unabhängig vom äußeren Erschei­nungsbild der Klägerin zu treffen, besteht nicht. Vielmehr durfte die Beklagte in ihre Erwägungen auch einbeziehen, ob die Klägerin aufgrund ihrer Gesamt­per­sön­lichkeit und Erscheinung bereit und in der Lage ist, die Anliegen des Vereins, namentlich dessen Empfehlungen für ein gesund­heits­be­wusstes Verhalten, überzeugend zu vertreten.

Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht auch nicht im Hinblick auf die Äußerungen der Beklagten, welche diese (angeblich) über das äußere Erschei­nungsbild der Klägerin getätigt hat. In jedem Fall ist der hierin liegende Eingriff nicht so schwerwiegend, dass er durch die Zuerkennung eines Schmer­zens­geldes auszugleichen wäre.

Quelle: Arbeitsgericht Darmstadt/ra-online

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