21.11.2024
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Dokument-Nr. 17665

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Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen Urteil23.10.1968

Warmer Weißwein im gehobenen Restaurant: Gast muss bestellten Wein nicht bezahlenKeine Zahlungspflicht wegen Vorliegen von Servicemängeln

Wird in einem Restaurant der Spitzenklasse der Weißwein zu warm serviert und reagiert das Servicepersonal auf die Beanstandungen des Gastes unhöflich, so liegen Servicemängel vor. Aufgrund solcher Mängel braucht der Gast den bestellten Wein nicht zu bezahlen. Dies hat das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 1968 bestellte der Gast eines gehobenen Restaurants eine Flasche Weißwein. Diese wurde vom Kellner in einem mit Wasser und Eiswürfeln gefüllten Sektkübel serviert. Nach dem Probeschluck bemängelte der Gast jedoch, dass der Wein zu warm sei. Tatsächlich hatte er eine Temperatur von mindestens 15 °C. Auf die Beanstandung des Gastes erwiderte der Oberkellner: "Glauben Sie, dass unser Wein im Eisschrank liegt?". Aufgrund dieser Bemerkung und des zu warmen Weins verließ der Gast das Restaurant ohne zu bezahlen. Die Restau­rant­be­treiberin erhob daraufhin Klage auf Bezahlung der Flasche Wein.

Keine Kaufpreis­zah­lungs­ver­wei­gerung aufgrund Qualitätsmängel des Weins

Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen führte zunächst aus, dass der Gast mit der Restau­rant­be­treiberin sowohl einen Kaufvertrag als auch einen Dienstvertrag abgeschlossen habe. Da die Restau­rant­be­treiberin aber ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nachgekommen sei, habe der Gast die Bezahlung nicht aufgrund des Vorliegens eines Quali­täts­mangels des Weins verweigern dürfen. Denn die Flasche Weißwein habe keine Qualitätsfehler gehabt. Vielmehr habe der Wein der üblichen Qualität entsprochen. Die zu hohe Erwärmung habe nicht zu einer Quali­täts­einbuße geführt.

Vorliegen von Servicemängeln begründete Recht zur Zahlungs­ver­wei­gerung

Das Vorliegen von Servicemängeln habe jedoch den Gast dazu berechtigt, die Zahlung zu verweigern, so das Amtsgericht weiter. Denn er habe aufgrund dessen den Dienstvertrag wirksam mit sofortiger Wirkung kündigen dürfen. Zwar sei es richtig, dass nicht jeder geringfügige Servicemangel ein sofortiges Kündigungsrecht begründet. Jedoch könnten in gehobenen Restaurants höhere Anforderungen an den Service gestellt werden, als etwa in einer Vorstadtkneipe. In einem solchen Restaurant könne ein Gast eine erstklassige Bedienung, sowohl in der Art und Weise der Zurver­fü­gung­s­tellung der bestellten Speisen und Getränken als auch im höflichen Benehmen des Service­per­sonals, erwarten. Dies sei hier hingegen nicht der Fall gewesen.

Servieren von Wein in Sektkübel mit Wasser und Eiswürfel unüblich

Ein Servicemangel sei nach Ansicht des Amtsgerichts in dem Servieren des Weins zu sehen gewesen. Es sei für erstklassige Restaurants nämlich unüblich, dass eine Weinflasche in einem Sektkübel serviert wird, der mit Wasser und Eiswürfel gefüllt ist.

Weintemperatur von 15 °C begründet Servicemangel

Ein weiterer Servicemangel habe nach Auffassung des Amtsgerichts in der zu hohen Temperatur des Weins gelegen. In einem gehobenen Restaurant dürfe ein Wein nicht mehr als 10 bis 12 °C warm sein. Eine Temperatur von 15 °C sei demgegenüber zu warm. Ein Gast müsse auch nicht abwarten bis der Wein im Sektkübel die richtige Temperatur erreicht hat.

Weiterer Servicemangel aufgrund fehlender Höflichkeit des Oberkellners

Schließlich habe nach Einschätzung des Amtsgerichts die unangebrachte Bemerkung des Oberkellners einen Servicemangel begründet. In einem gepflegten Restaurant sei Höflichkeit des Personals ein wichtiges Element. Es gehöre zu den üblichen Gepflogenheiten, dass berechtigte oder aber auch nur zweifelhafte Beanstandungen eines Gastes eine Entschuldigung des Gastwirts oder des Kellners nach sich ziehen. Lediglich völlig unbegründete Beschwerden könne der Gastwirt in angemessener Form entgegentreten, ohne sich entschuldigen zu müssen. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen.

Erläuterungen

Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1968 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".

Quelle: Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, ra-online (zt/NJW 1969, 608/rb)

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