18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.
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Amtsgericht München Urteil01.08.2018

Getrennt lebender Vater wegen Nachstellens trotz Kontaktverbot zu Geldstrafe verurteiltVerurteilung wegen Verstoßes gegen Gewalt­schutz­gesetz gerechtfertigt

Das Amtsgericht München hat einen 25 jährigen Asylbewerber - einen getrennt lebenden Vater -, der seine Kinder trotz gerichtlichen Kontaktverbots sehen wollte, wegen zweifachen Verstoßes gegen das Gewalt­schutz­gesetz zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 28. August 2017 gegen 15 Uhr näherte sich der Verurteilte der Wohnung seiner getrennt lebenden Ehefrau auf etwa zehn Meter, am 23. Oktober 2017 passte er sie auf dem Heimweg vom Kindergarten ab und folgte ihr und den gemeinsamen fünf und zwei Jahre alten Kindern bis ins Treppenhaus ihrer Wohnung, obwohl er wusste dass ihm dies nach einem Gerichts­be­schluss auf Grundlage des Gewalt­schutz­ge­setzes untersagt worden war. Beim zweiten Vorfall hielt er sie am Arm fest und schrie sie an, während beide Kinder weinten.

Verurteilter fühlt sich durch Ehefrau getäuscht - Ehefrau verweist auf Zwangsheirat

Der Verurteilte bestritt, seine Frau jemals geschlagen zu haben. Er habe 15.000 Euro dafür bezahlt, dass seine Frau mit den Kindern im Februar 2017 nach Deutschland zu ihrer hier lebenden Mutter habe ausreisen können, mit der sie als fünfjähriges Kind bereits nach Deutschland geflüchtet sei. Seine Frau habe ihm vor ihrer Abreise vorgetäuscht, ihn bald nachholen zu wollen. In den Irak könne er nicht zurück. Seine Familie werde ihm vorwerfen, er kehre mit nur 25 Euro zurück, obwohl er so lange gearbeitet habe. Die Mutter seiner Frau lehne ihn seit jeher ab. Ohne deren Einfluss würde seine Frau zu ihm zurückkehren. Er habe nur seine Kinder sehen wollen. Er sei Hirte, habe bei den kurdischen Peschmerga gekämpft. Die getrennt lebende Ehefrau des Verurteilten erklärte, während eines Besuchs 2012 von ihrem im Irak lebenden Vater zum Bleiben überredet und nachfolgend im Februar 2013 zur Hochzeit mit dem Verurteilten bestimmt worden zu sein. Sie sei auf dem vom Onkel verfälschten Papier knapp 18, tatsächlich aber noch 15 Jahre alt gewesen. Der Verurteilte habe sie durchgängig geschlagen, betrogen und auch vergewaltigt. Als sie es nicht mehr ausgehalten habe, habe ihre Mutter ihr dann das Visum besorgt. Der Verurteilte habe ihr früher schon für den Fall der Trennung mit dem Tode gedroht. Ihre Mutter lasse ihr alle Freiheit. Aber von ihrem Vater und ihrem Onkel sei sie wie eine Sklavin behandelt worden. Ihr sei nun durch das Familiengericht nach Sachver­stän­di­gen­be­gut­achtung und Anhörung des älteren Kindes das Sorgerecht für beide Kinder übertragen worden. Dem Verurteilten war zuvor begleiteter Umgang eingeräumt worden.

Zeugen bestätigen Aussagen der Mutter

Der als Zeuge vernommene Vater eines anderen Kinder­gar­ten­kindes schilderte den zweiten Vorfall so wie dann dem Urteil zugrunde gelegt. Er habe sich dazwischen gestellt, bis der Verurteilte gegangen sei. Eine Nachbarin bestätigte in ihrer Aussage vor Gericht die von ihr beobachtete Verängstigung der Ehefrau.

Vater befürchtete nach Auswei­sungs­be­scheid zurecht seine Kinder nicht wiedersehen zu können

Das Amtsgericht München wies darauf hin, dass die ihm im Irak vorgeworfenen Taten in Deutschland wegen fehlender internationaler Zuständigkeit nicht strafrechtlich verfolgt werden könnten. Das Gericht begründete das Urteil zunächst damit dass der Verurteilte bei wenn auch noch kurzem Aufenthalt bislang in Deutschland nicht vorbestraft sei. Darüber hinaus nehme der Angeklagte seit dem 23.Oktober 2017 keinen direkten persönlichen Kontakt mehr zu der Geschädigten auf. Schließlich sei nachvollziehbar, dass er seine Kinder sehen wollte und im (zweiten) Fall zudem Geschenke bringen wollte. Zudem habe er kurz zuvor seinen Auswei­sungs­be­scheid erhalten und habe befürchtet, die Kinder vorerst nicht wiedersehen zu können.

Mutter und Tochter durch Misshandlungen traumatisiert

Zu Lasten des Angeklagten sei jedoch zu berücksichtigen, dass er - wovon das Gericht auch aufgrund der überaus glaubhaften Aussage der Zeugin ausgehe - diese mit 15 Jahren im Irak im Rahmen einer Zwangshochzeit geheiratet und in den folgenden Jahren sie und später auch die Tochter körperlich misshandelt habe. Die Tochter befinde sich mittlerweile in einer psycho­the­ra­peu­tischen Behandlung. Beide seien erheblich traumatisiert und insbesondere die Geschädigte leide unter starker Angst vor dem Angeklagten. Sie lasse die Kinder nicht alleine im Hof spielen, weil sie Angst vor einer Kindes­ent­führung habe. Sie vergewissere sich auf Schritt und Tritt, dass der Angeklagte nicht in der Nähe sei. Zudem leide sie unter Schlafstörungen. Im (zweiten) Fall habe der Angeklagte versucht, zudem seinen Sohn aus dem Kinderwagen zu reißen, so dass die Geschädigte in dieser Situation konkrete Angst vor einer Entführung der Kinder gehabt habe.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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