21.11.2024
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Dokument-Nr. 628

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Landgericht Berlin Urteil24.06.2005

Hohe Freiheitsstrafe gegen Vater wegen Kindes­ent­ziehung - 50.000 Euro Schmerzensgeld für die Mutter

Das Landgericht Berlin hat einen aus Ägypten stammenden Vater wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Damit blieb das Gericht nur sechs Monate unter der Höchststrafe.

Der Angeklagte war am 2. Februar 2004 im Sozialamt Bonn festgenommen worden und befindet sich seit dem in Unter­su­chungshaft. Das Gericht hat gleichzeitig mit dem Urteil die Haftfortdauer angeordnet.

Der 41jährige Mahmoud E.-A. nahm am 28. Dezember 2000 auf dem U-Bahnhof Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg seine damals 5jährige Tochter und seinen 2jährigen Sohn im Empfang. Die Kinder sollten nach Absprache mit der allein sorge­be­rech­tigten Mutter Hellen S. für zwei Tage bei dem Vater bleiben. Dieser hatte nach der Trennung von Hellen S. ein Umgangsrecht mit den Kindern erhalten. Unter Missachtung der Vereinbarung mit der Mutter schickte der Angeklagte die Kinder mithilfe unbekannt gebliebener Helfer nach Ägypten, um sie dort unterzubringen und der Mutter auf Dauer zu entziehen. Er selbst flog am 29. Dezember 2000 ebenfalls in sein Heimatland. Seit dem ist der Aufenthaltsort der Kinder unbekannt, „die Suche blieb bis heute erfolglos“, so die Vorsitzende Richterin Margarete Koppers in ihrer Urteils­be­gründung.

Der Angeklagte hatte die Tat zunächst bestritten und erst nach dem Plädoyer der Staats­an­walt­schaft ein Geständnis abgelegt, den Aufenthaltsort der Kinder jedoch weiterhin verschwiegen. Als Motiv für die Tat sieht das Gericht gekränktes Ehrgefühl. Der Angeklagte sei – zu Unrecht – davon ausgegangen, die Mutter der Kinder lebe in einer neuen Beziehung. Aus diesem gekränkten Ehrgefühl heraus habe er sogar Zeugen aus seinem Umfeld während des Prozesses in Falschaussagen getrieben.

Zur Strafhöhe sagte die Vorsitzende Richterin, die Kammer sei nur deshalb unter der Höchststrafe von fünf Jahren geblieben, weil der Angeklagte bisher unbestraft sei, lange Zeit Unter­su­chungshaft verbüßt, ein – wenn auch spätes – Geständnis abgelegt und zumindest telefonisch versucht habe, Kontakt zu den Kindern herzustellen. Im Übrigen seien jedoch die schwersten psychischen, physischen und finanziellen Belastungen der als Nebenklägerin im Prozess vertretenen Mutter zu werten. Der Angeklagte habe aus rein egoistischen Motiven gehandelt und anderen „unendliches Leid“ zugefügt. Einen eine höhere Strafe ermöglichenden Tatbestand sah das Gericht als nicht gegeben an, da in diesem Fall sicher hätte festgestellt werden müssen, dass es den Kindern dauerhaft seelisch schlecht ergeht. Da die Kinder jedoch nicht gefunden werden konnten, war dies nicht möglich.

Das Gericht hat der Mutter im Wege des zivil­recht­lichen Adhäsi­ons­ver­fahrens als Schmerzensgeld 50.000 Euro zugesprochen, die der Angeklagte zahlen soll. Die Vorsitzende betonte ausdrücklich, dass es sich dabei allerdings nur um einen symbolischen Betrag handeln könne.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von dem Angeklagten und der Staats­an­walt­schaft binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

Quelle: Bericht der ra-online Redaktion, Pressemitteilung Nr. 32/2005 des Kammergerichts vom 24.06.2005

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