Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist Abschleppunternehmerin, spezialisiert auf das Abschleppen von Fremdfahrzeugen. Die Beklagte war Halterin eines VW Polo, der am im März 2018 von der Beklagten auf dem privaten Außenstellplatz des Olympia Towers in München abgestellt wurde. An der Stirnseite des Stellplatzes war das allgemein bekannte Verkehrszeichen für absolutes Halteverbot mit einem Zusatz der Abschleppung für den Fall einer Zuwiderhandlung angebracht.
Von ca. 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr führte die Klägerin eine Fremdabschleppung des benannten Pkws der Beklagten durch. Zunächst wurde ein Landrover Defender eingesetzt, der den Polo halb aus dem Stellplatz herauszog, bis dann ein Abschleppwagen erschien. Zwischenzeitlich war die Beklagte zu ihrem Fahrzeug zurückgekehrt und setzte sich auch kurz in ihr Fahrzeug. Sie rief die Polizei zu Hilfe, die nach längerer Erörterung die Mitarbeiter der Beklagten gewähren ließen. Da die Beklagte nicht bereit war, die von den Mitarbeitern für die Anfahrt geforderten 330 Euro bar zu zahlen, schleppten die Mitarbeiter den Pkw zu ihrer Verwahrstelle, wo der Pkw zunächst für zwei Tage abgestellt und nach Hinterlegung einer Summe von 635 Euro durch die Beklagte beim Amtsgericht München zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts der Klägerin an die Beklagte herausgegeben wurde.
Die Klägerin war der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Zahlung von 635 Euro gegen die Beklagte wegen verbotswidrigen Parkens und der deshalb erfolgten Fremdabschleppung habe. Die Kosten würden sich auf Grundlage einer Abschleppdauer von 2,5 Stunden, einem Zuschlag für einen Einsatz außerhalb der Öffnungszeiten, Zusatzkosten für den Einsatz eines Radrollers, zwei Tage Standgebühren und erforderliche Vorbereitungsmaßnahmen errechnen. Die Kosten seien auch deshalb höher als üblich, da die Beklagte den Abschleppvorgang mutwillig verlängert habe, indem diese die Polizei gerufen und sich zur Verhinderung des Abschleppvorgangs in das Auto gesetzt habe.
Die Beklagte war der Auffassung, dass die geltend gemachten Abschleppkosten jedenfalls weit überhöht und damit nicht ersatzfähig seien.
Das Amtsgericht München sah den Schadensersatzanspruch nur teilweise als begründet an. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten dem Grunde nach zu, da die Beklagte ihr Fahrzeug zu Unrecht auf dem ausreichend beschilderten Privatparkplatz abgestellt habe. Nach höchstrichterlichen Rechtsprechung gehörten zu den erstattungsfähigen Abschleppkosten nicht nur die reinen Abschleppkosten, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgeschleppten Fahrzeuges, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeuges in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeuges. Die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes werde durch das Gebot der Wirtschaftlichkeit begrenzt. Danach habe der Geschädigte unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg für die Beseitigung der verbotenen Eigenmacht zu wählen. Als erforderlich seien diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger und wirtschaftlicher denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Nach den bislang beim Amtsgericht München seit 2015 eingeholten Sachverständigengutachten zu Abschleppkosten betreffend Fremdfahrzeuge von Parkplätzen auf Privatgrund habe das Gericht den verfestigten Eindruck gewonnen, dass es in München keinen richtigen Markt mit einer hinreichenden Anzahl von Markteilnehmern gibt, bei dem sich ein Marktpreis ermitteln lasse, der den ortsüblichen Preis für die Abschleppmaßnahme samt ersatzfähiger Vorbereitungsmaßnahmen für München widerspiegele.
Das Gericht habe eine Schätzung nach § 287 ZPO vornehmen können. Das Gericht halte daher für den erfolgten Fremdabschleppvorgang einen Grundbetrag von 230 Euro netto zuzüglich eines Zuschlages von 15 % für Sonn- und Nachtarbeit und zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer zuzüglich nicht bestrittene Standgebühren für den Pkw der Beklagten in Höhe von weiteren 30 Euro für zwei Tage für ersatzfähig, so dass der von der Klägerin zu fordernde Betrag insgesamt 344,75 Euro (314,75 + 30 Euro) betrage.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.04.2019
Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm)