18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.
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Amtsgericht München Urteil18.10.2012

Schaden­s­er­satz­an­spruch bei Abbruch von Vertrags­ver­hand­lungen nur bei Sicherstellung des Vertrags­schlusses durch den AbbrechendenVerstoß gegen allgemeines Gleich­be­hand­lungs­gesetz nur bei Benach­tei­li­gungen aus Gründen der Weltanschauung

Es kann dahinstehen, ob jemand eine Wohnung nicht vermietet bekam, weil er Gewerk­schafts­an­ge­höriger ist. Auch unterstellt, dies wäre so gewesen, liegt darin kein Verstoß gegen das allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz. Verboten sind nach diesem Gesetz Benach­tei­li­gungen aus Gründen der Weltanschauung. Die Gewerk­schafts­zu­ge­hö­rigkeit betrifft nur einen Teilaspekt des Lebens und ist daher keine Weltanschauung. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Münchnerin und ihr Mann suchten im August 2011 eine Wohnung. Sie wurden auch fündig. Im Rahmen der anschließenden Vertragsverhandlungen erhielten sie einen nicht unterzeichneten Mietvertragsentwurf. Darüber hinaus wurden sie aufgefordert, eine Schufa-Auskunft und Gehalts­nachweise einzureichen. Von einem anderen Vermieter mieteten sie einen Tiefga­ra­genplatz im Anwesen.

Ehepaar wirft Vermieterin Verstoß gegen das Gleich­be­hand­lungs­gestez vor

Ende September 2011 bekamen sie mitgeteilt, dass sie die Wohnung nun doch nicht erhalten. Daraufhin machten sie Schaden­er­satz­ansprüche geltend. Schließlich sei der Eindruck erweckt worden, dass der Abschluss des Mietvertrags nur noch eine Formsache sei. Außerdem habe sie die Wohnung wahrscheinlich deshalb nicht erhalten, weil die Ehefrau in der Gewerkschaft sei. Die Vermieterin habe gegen diese Gewerkschaft einen Streit vor dem Arbeitsgericht geführt. Deshalb sei die Absage eine Sankti­o­ns­maßnahme der Vermieterin, die gegen das allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz verstoße. Niemand dürfe wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden.

Vermieterin bestreitet Vermutungen des Ehepaars

Sie hätten ihre alte Wohnung geräumt und die dort befindliche Einbauküche 50 % unter Marktpreis verkaufen müssen. Dadurch sei ihnen ein Schaden in Höhe von 2500 Euro entstanden. Da sie schnell eine Ersatzwohnung benötigten, hätten sie einen Makler beauftragt. Dafür seien Kosten in Höhe von 3046,40 Euro angefallen. Die Vermieterin weigerte sich zu zahlen. Sie habe nie den Eindruck erweckt, der Vertrags­ab­schluss sei sicher. Auch die von dem Ehepaar vorgebrachten Vermutungen würden nicht stimmen.

Vertragsschluss wurde nicht sicher in Aussicht gestellt

Das Amtsgericht München wies die Klage mit der Begründung ab: Dem Ehepaar stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Voraussetzung für einen Schaden­s­er­satz­an­spruch bei Abbruch der Vertrags­ver­hand­lungen sei, dass die eine Partei bei der Verhand­lungs­führung in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt habe. Das sei gegeben, wenn der Abbrechende den Vertragsschluss als sicher hingestellt habe. Dies liege hier aber nicht vor. Die Anforderung von Schufa-Auskünften sowie Gehalts­nach­weisen würden nicht nahelegen, dass ein Vertrag sicher geschlossen werde. Vielmehr handele es sich hier um die üblichen Auskünfte die, wenn man eine Wohnung anmieten wolle, gegeben werden müssten. Ebenso verhalte es sich mit der Übersendung eines Mietver­trag­s­ent­wurfes. Auch hier werde der Vertragsschluss nicht sicher in Aussicht gestellt, sondern die potentiellen Mieter über die Mietver­trags­kon­di­tionen informiert. Schließlich führe auch der Abschluss des Mietvertrages über den Tiefga­ra­gen­stellplatz im gleichen Anwesen nicht dazu, dass die potentiellen Mieter den Vertragsschluss als sicher in Aussicht gestellt bekamen. Schließlich sei der Garagen­miet­vertrag mit einem anderen Vermieter abgeschlossen worden.

Abbruch der Vertrags­ver­hand­lungen aufgrund Gewerk­schafts­zu­ge­hö­rigkeit fraglich

Es bestehe auch keine Schaden­s­er­satz­ver­pflichtung aufgrund eines Verstoßes gegen das allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz. Unklar sei schon, ob tatsächlich wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit der Ehefrau der Vertrag nicht zustande gekommen sei. Ein entsprechendes Beweisangebot sei nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus könne das Gericht in der Tatsache, dass die Ehefrau Mitglied in einer Gewerkschaft sei, keine Weltanschauung sehen. Eine derartige Zugehörigkeit betreffe nur einen Teilaspekt des Lebens, nämlich die berufliche Ebene. Eine Weltanschauung umfasse das ganze Leben in all seinen Aspekten.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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