23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Amtsgericht München Urteil24.06.2016

Geringe Sicherheits­pflichten: Kein Anspruch auf Schadensersatz nach Sturz in der ApothekeAG München zu den Verkehrs­sicherungs­pflichten einer Apotheke

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine Apotheke in der Regel geringere Sicherheits­pflichten treffen als Geschäfte mit großem Publi­kums­andrang.

Im zugrunde liegenden Fall stürzte eine Frau in einer Apotheke in Unterhaching und erlitt dabei eine Radius­köpf­chen­fraktur am rechten Ellenbogen. Sie musste operiert werden und mehrere Wochen arbeitsunfähig.

Klägerin rügt Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflichten und verlangt Schadensersatz

Zum Unfallzeitpunkt herrschte winterliche Witterung. Die Wege zur Apotheke waren teilweise mit Schnee und Schneematsch bedeckt. Im Eingangsbereich der Apotheke befanden sich zwei Fußmatten mit einer Lauflänge von jeweils circa 1,40 m. Eine davon war etwas gröber und lag vor der Eingangstür, die andere war etwas feiner und befand sich im Innenbereich. Eine Reinigungskraft war gerade dabei, den Boden zu reinigen. Die Klägerin war der Meinung, aufgrund des feuchten Fußbodens ausgerutscht zu sein. Sie verlangt von der Apotheke ihre Aufwendungen, die ihr aus dem Unfall entstanden sind und ein Schmerzensgeld. Die Apotheke habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Eigentümer der Apotheke weigerte sich zu zahlen. Daraufhin erhob die Frau Klage auf Zahlung von 2.067 Euro Schadensersatz und mindestens 1.500 Euro Schmerzensgeld.

Apotheken treffen geringere Verkehrs­si­che­rungs­pflichten als Einrichtungen mit großem Publi­kums­andrang

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Der Apotheker habe keine Schutzpflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Grundsätzlich seien diejenigen Sicher­heits­vor­keh­rungen zu treffen, die ein verständiger, vorsichtiger und gewissenhafter Mensch für ausreichend halten darf. Das Gericht führt im Einzelnen aus, dass bei der Bestimmung der Sicher­heits­an­for­de­rungen sind u.a. der Zuschnitt, die Größe und das Warensortiment eines Geschäfts zu berücksichtigen. Beispielsweise könne es bei einem großen und schwer überschaubaren Ladenlokal, etwa in den Fällen einer großen Lebens­mit­te­l­ab­teilung eines Kaufhauses im Zentrum einer Großstadt oder eines Einkaufsmarkts mit mehreren tausend Quadratmetern Verkaufsfläche auf mehreren Ebenen, erforderlich sein, entweder einzelne Mitarbeiter mit einer Überprüfung des gesamten Objekts in bestimmten, kurzen Zeitabständen zu beauftragen oder jeweils einem Mitarbeiter die Verantwortung für die Sauberkeit seiner Abteilung zu übertragen. Eine Apotheke träfen dagegen geringere Verkehrs­si­che­rungs­pflichten als z.B. Kaufhäuser oder sonstige Einrichtungen mit großem Publi­kums­andrang. In Apotheken herrsche regelmäßig kein Publi­kums­andrang, der die Einsehbarkeit des Bodenbereichs für Kunden signifikant einschränke. Zudem gingen von den Auslagen einer Apotheke keine besonderen Ablen­kungs­wir­kungen aus. Hinzu komme laut Gericht, dass auch das Warensortiment einer Apotheke regelmäßig keine erhebliche Sturzgefahr für Kunden hervorrufe. Dies unterscheide Apotheken wertungsmäßig von Geschäften, deren Betrieb als solches bereits erhöhte Gefahren für Kunden bewirke. Bei Nahrungs­mit­tel­ge­schäften bestehe beispielsweise die typische Gefahr, dass in der Gemüseabteilung Salatblätter etc. auf den Boden fallen, auf denen Kunden ausrutschen könnten, führte das Gericht aus. Gerade im Winter existiere die naheliegende Gefahr, dass Kunden von draußen Feuchtigkeit und Verun­rei­ni­gungen in eine Apotheke hineintragen und dadurch der Boden zu einer Gefahrenstelle werde.

Feuchtigkeit des Fußbodens lässt sich im Winter auch durch häufiges Aufwischen niemals ganz beseitigen

Der Apotheker habe ausreichend dafür Sorge getragen, dass Feuchtigkeit und Verun­rei­ni­gungen nach Möglichkeit nicht in den Innenraum der Apotheke gelangten und wenn doch umgehend beseitigt wurden, so das Urteil. Im Übrigen müssten Besucher eines Geschäfts im Winter eine gewisse Feuchtigkeit des Fußbodens hinnehmen. Eine Feuchtigkeit des Fußbodens lasse sich nämlich in einem solchen Falle auch durch häufiges Aufwischen niemals ganz beseitigen, weil sich infolge des Publi­kums­verkehrs stets alsbald wieder eine neue Feuch­tig­keits­schicht bilde. Die Reinigungskraft habe durch ihre Tätigkeit gerade keine zusätzliche Gefahr geschaffen, sondern im Gegenteil zur Gefah­ren­be­sei­tigung beigetragen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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