21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil17.06.2014

Stadt haftet für Sturz einer Fußgängerin auf regennasser Messingplatte in der FußgängerzoneStadt trifft aufgrund der bekannten Rutschgefahr bei feuchtem Wetter gesteigerte Siche­rungs­pflicht

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht hat entschieden, dass die Stadt Kiel für den Sturz einer Fußgängerin auf einer regennassen Messingplatte in der Fußgängerzone haftet, weil sie die Stadt ihre Verkehrs­sicherungs­pflichten verletzt hat.

Im zugrunde liegenden Verfahren rutschte die damals 58 Jahre alte Dame Anfang Dezember 2011 in der Holstenstraße in Kiel auf einer so genannten Sprottenplatte aus und brach sich den Waden­bein­knochen. Die Verletzung führte zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität in einem Zeitraum von drei Monaten. Die Frau war darauf angewiesen, sich mit Krücken vorwärts zu bewegen. Zudem waren häufige Arztbesuche sowie über einen längeren Zeitraum Kranken­gym­nastik notwendig. Einen Dauerschaden erlitt die Frau jedoch nicht. Am Unfalltag herrschte leichter Nieselregen bei einer Luftfeuch­tigkeit von 75 %. Die Sprottenplatten in der Holstenstraße haben ein Sprottenrelief aus Messing. Auf ihnen ist der jeweilige Name eines Spenders aufgeführt, der die Umgestaltung der Kieler Fußgängerzone im Jahr 1988 durch einen finanziellen Beitrag ermöglicht hatte.

Sachver­stän­di­gen­gut­achten belegt erhöhte Rutschgefahr auf Messingplatten bei geringem Maß an witte­rungs­be­dingter Feuchtigkeit

Die Stadt Kiel lehnte eine Haftung für den Sturz ab. Das Landgericht Kiel holte das Gutachten eines Sachver­ständigen ein, der zu dem Ergebnis kam, dass von den mittlerweile abgelaufen Messingplatten bereits bei einem witte­rungs­bedingt geringen Maß an Feuchtigkeit eine erhöhte Rutschgefahr ausgeht.

LG bejaht unter Berück­sich­tigung eines Mitverschuldens der Passantin Schmer­zens­geldan­spruch

Daraufhin verurteilte das Landgericht Kiel die Stadt Kiel zu Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR und Schadensersatz. Bei der Höhe der zugesprochenen Beträge ging das Landgericht von einem Mitverschulden der Fußgängerin in Höhe von 50 % aus, weil die Fußgängerin ortskundig und die Sprottenplatte gut erkennbar waren. Zudem war der Fußgängerin durch die Berich­t­er­stattung in der Presse bekannt, dass die Sprottenplatten eine erhöhte Rutschgefahr aufweisen.

Stadt legt Berufung ein

Gegen das Urteil des Landgerichts legte allein die Stadt Kiel Rechtsmittel (Berufung) zum Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­gericht ein mit dem Ziel, überhaupt nicht zu haften.

Verurteilung der Stadt wegen Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflichten nicht zu beanstanden

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied jedoch, dass das Landgericht Kiel die beklagte Stadt zutreffend wegen Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflichten in der "Holstenstraße" in Kiel verurteilt hat. Durch das Einbringen der "Sprottenplatten" in der Fußgängerzone hat die Stadt eine potenzielle Sturzgefahr geschaffen, weil die im Gehweg eingelassenen Messingplatten bei geringer Feuchtigkeit in erheblichem Maße in der Rutsch­fes­tigkeit herabgesetzt sind. Die Rutschneigung der Platten hat sich im Laufe der Zeit aufgrund der zwischen­zeit­lichen Abnutzung erhöht. Im Hinblick auf diese Eigenschaft der Sprotten bei Feuchtigkeit trifft die Stadt, die aus einer Reihe von Presseberichten diese Eigenschaften kannte, eine gesteigerte Siche­rungs­pflicht. Die Platten sind zwar ohne weiteres sichtbar, ein Benutzer der Fußgängerzone muss sich aber nicht durch eine entsprechende Weggestaltung darauf einstellen, dass er nicht zwangsläufig über diese Platten ausrutscht. Ein Ausweichen wird auch nicht immer möglich sein, da die "Holstenstraße" zu den üblichen Laden­öff­nungs­zeiten von Publikum stark frequentiert wird.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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