Im zugrunde liegenden Fall stürzte eine Frau auf dem Gehweg einer Gemeinde. Der Gehweg war insgesamt in einem schlechten Zustand und wies einen Niveauunterschied von 3 cm auf. Dort, wo die Frau stürzte, entstand die 3 cm hohe Verwerfung durch das Wurzelwerk eines nahestehenden Baumes. Die Frau verlangte von der Gemeinde aufgrund des Sturzes Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht wies - wie auch die Vorinstanz - die Klage der Frau ab. Die Gemeinde müsse nicht unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG haften.
Nach den Grundsätzen des Straßenverkehrssicherungsrechts sei der Verkehrssicherungspflichtige - von besonders einschneidenden Gefahrenlagen abgesehen - in der Regel gehalten, solche Gefahren zu beseitigen, auf die sich ein die normale Sorgfalt beachtender Fußgänger selbst nicht hinreichend einstellen und vor denen er sich nicht selbst hinreichend schützen könne, insbesondere wenn die Gefahr nicht rechtzeitig erkennbar sei.
Inhalt der Verkehrssicherungspflicht kann nur sein, was im Interesse des Verkehrs nach objektivem Maßstab billigerweise verlangt werden könne und zumutbar sei. Der allgemeine Grundsatz, dass sich der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen müsse, wie sie sich ihm erkennbar darbiete, gelte auch für die Nutzer eines Gehweges. Gehwege seien daher möglichst gefahrlos zu gestalten und in einem gefahrlosen Zustand zu erhalten. In Anbetracht des ausgedehnten Straßen- und Wegenetzes der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften und deren beschränkter Mittel sind lückenlose Sicherungsvorkehrungen praktisch gar nicht möglich und daher nur solche Maßnahmen zu treffen, für die ein wirkliches Sicherungsbedürfnis bestehe.
Das Sicherungsbedürfnis richte sich im Wesentlichen nach der objektiven Verkehrsbedeutung der betreffenden Wegfläche und den vernünftigen Sicherungserwartungen des Verkehrs, die maßgeblich durch das äußere Erscheinungsbild des Gefahrenbereichs bestimmt werden. Eine Höhendifferenz von 2 cm - 2,5 cm, die der Fußgänger nach überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung hinzunehmen hat, stelle keine starre Grenze dar. Sie könne - wenn besondere Umstände vorliegen - nach unten, aber auch nach oben abweichen. Aus den in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegten Gründen begründe vorliegend die von der Klägerin behauptete Höhendifferenz von 3 cm keine Pflichtverletzung der Beklagten.
Bei dem Fußwege handele sich um einen wenig frequentierten und übersichtlichen Weg in einem Wohngebiet; anders als etwa in Fußgängerzonen sei der Fußgänger nicht durch Geschäfte oder Schaufenster abgelenkt. Hinzu komme, dass sich der Gehweg insgesamt in einem eher schlechten Zustand befand. Es handele sich um einen älteren Weg aus Betonplatten, von denen etliche gerissen sind und leichtere Verwerfungen aufweisen. Die Gefahrenstelle sei für Fußgänger und damit auch für die Klägerin erkennbar gewesen. In einem solchen Fall sei die jeweilige Gemeinde aber nicht verpflichtet, vor der Gefahrenstelle zu warnen oder diese zu beseitigen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2009
Quelle: ra-online (pt)