21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil24.05.2018

Ausbruch des Vulkans Turrialba auf Costa Rica rechtfertigt Kündigung einer Reise wegen höherer GewaltMedienberichte zum Zeitpunkt der Kündigung als Beleg für mögliche Gefährdung der Reisenden bei Antritt der Reise ausreichend

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass der Ausbruch des Vulkans Turrialba am 13. März 2015 Reisende zur Kündigung einer Reise nach Costa Rica wegen höherer Gewalt berechtigt. Das Gericht verurteilte daher die Reise­ver­an­stalterin auf Rückzahlung des noch nicht erstatteten Reisepreises von 4.885,30 Euro.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls und seine Frau buchten am 4. Dezember 2014 eine Reise nach Costa Rica für den Zeitraum vom 15. bis 27. März 2015. Die Reise bestand aus einer Mietwa­gen­rundreise mit Aufenthalten in der Nähe des Vulkans Turrialba, in einem Nationalpark und in San José sowie den Hin- und Rückflügen.

Vulkan Turrialba bricht aus

Am 13. März 2015 brach in Costa Rica der Vulkan Turrialba aus, welcher sich in einer Entfernung von ca. 80 Kilometern von der Hauptstadt San José befindet. Die hierdurch entstehende Aschewolke breitete sich bis zur Hauptstadt San José aus. Der Flugverkehr wurde am 13. März 2015 für einige Stunden gestoppt. Es erfolgte eine Evakuierung von Dörfern im Umkreis von zwei Kilometern des Vulkans. Die Menschen in San José wurden aufgefordert ihre Augen vor der Asche zu schützen. Aufgrund des Ausbruchs wurde auch die Zufahrt zu einem Nationalpark - der auf der Reiseroute des Klägers lag - gesperrt. Durch das Auswärtige Amt wurde darauf hingewiesen, dass die Asche zu gesund­heit­lichen Beein­träch­ti­gungen wie Augenreizungen und - bei entsprechender Vorerkrankung - zu Atembeschwerden führen könne. Es wurde daher empfohlen, im Freien am besten eine Atemmaske zu tragen.

Kläger kündigt Reise nach Costa Rica

Am Morgen des 14. März 2015 kündigten der Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten die Reise. Dem Kläger wurde vorgerichtlich ein Teilbetrag in Höhe von 834,72 Euro erstattet. Der Kläger behauptete, dass seine Frau gerade erst eine Bronchi­a­le­r­krankung auskuriert hatte, man bei Kündigung auch mit weiteren Ausbrüchen rechnen musste und es ihm bei der Reise gerade auf das Naturerlebnis, die Landschaft und insbesondere den Nationalpark als Haupt­at­trak­tionen Costa Ricas angekommen sei.

Reisver­an­stalterin verneint Möglichkeit der Kündigung wegen höherer Gewalt

Die Beklagte behauptete, dass die Reise vollständig hätte durchgeführt werden können. Durch den Vulkanausbruch sei nur eine eng umgrenzte Region betroffen gewesen, ein Ausweichen mit dem Mietwagen sei daher möglich gewesen. Eine Kündigung wegen höherer Gewalt scheide aus, da keine unvorhersehbare Gefährdung vorliege. In Regionen wie Costa Rica mit insgesamt zehn Vulkanen und davon vier aktiven Vulkanen müsse stets mit einem Ausbruch wie zuletzt am 29. Oktober 2014 gerechnet werden

AG bejaht Fall von unvor­her­sehbarer höherer Gewalt

Das Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Nach Ansicht des Gerichts handele es sich bei dem Vulkanausbruch des Vulkans Turrialba auf Costa Rica um einen Fall von unvor­her­sehbarer höherer Gewalt. Allein die Kenntnis, dass es zu häufigeren kleinen Ausbrüchen komme und sich dies auch in naher Vergangenheit so ereignet habe, führe nicht zu einer Vorher­seh­barkeit des streit­ge­gen­ständ­lichen Vulkanausbruchs vorliegenden Ausmaßes und konkreter Begleitumstände. Auch gerade hinsichtlich des Ausbruchs des Turrialbas am 29. Oktober 2014 habe keine gesteigerte Ausbruchs­wahr­schein­lichkeit für die Folgemonate festgestellt werden können, da dieser auch Perioden über Monate und Jahre ohne Ausbruch gezeigt habe.

Kläger dürfen sich bei Kündigung auf Medienbericht berufen

Nach Ansicht des Gerichts würden die von der Klagepartei vorgelegten Medienberichte genügen, um zum Zeitpunkt der Kündigung von einer Gefährdung der Reisenden bei Antritt der Reise ausgehen zu können. Es sei in diesem Zusammenhang einem Reisenden nicht zumutbar die Infor­ma­ti­o­ns­quellen der Medienberichte zu erforschen und hieraus abzuleiten, ob es sich um Übertreibungen und Drama­ti­sie­rungen handele oder ob die tatsächlichen Gegebenheiten wahrheitsgetreu wiedergegeben würden. Zum anderen müsse vorliegend auch beachtet werden, dass die Reisenden auch Kontakt mit einem in Costa Rica lebenden Bekannten aufnahmen, der ebenfalls die Zustände bestätigte.

Vulkanasche hat grundsätzlich mehrere unmittelbare negative Auswirkungen

Gemäß den Ausführungen des Sachver­ständigen habe sich der Auswurf von größeren Gesteins­frag­menten nur in unmittelbare Umgebung des Vulkans ereignet, die ausgestoßene Vulkanasche sei hingegen von den vorherrschenden Winden verdriftet worden. Vulkanasche habe grundsätzlich mehrere unmittelbare negative Auswirkungen. Die Sicht­ver­hältnisse würden beeinträchtigt, durch die Asche auf dem Asphalt ergäben sich schwierige Straßen­ver­hältnisse, es könnten Gesund­heits­probleme durch das Einatmen feiner vulkanischer Asche sowie vulkanischer Gase sowie Augenreizungen eintreten und Flughäfen könnten aufgrund der Konzentration der Vulkanasche in der Atmosphäre gesperrt werden.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm)

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