18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht München Urteil12.06.2013

Außer­or­dentliche Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags bei langfristiger Sport­un­fä­higkeit wirksamVertragsnehmer muss sich nicht auf Nutzung von Wellnes­s­an­geboten des Studios zur Aufrecht­er­haltung des Vertrages verweisen lassen

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass die außer­or­dentliche Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags dann gerechtfertigt ist, wenn schwere gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen - z.B. aufgrund eines Unfalls - zu einer langfristigen Sport­un­fä­higkeit führen.

Im zugrunde liegenden Fall unterschrieb eine Münchnerin am 31. Mai 2010 einen Vertrag bei einem Fitnessstudio in München mit einer Laufzeit von 24 Monaten. Der Vertrag berechtigt zur Nutzung der Fitness- und Kardiogeräte und der Bio- und Finnisch-Sauna sowie zur Teilnahme an den angebotenen Kursen. Am 3. August 2010 zog sich die Münchnerin bei einem Fahrradsturz eine Verletzung des rechten Ellenbogens zu. Der Vertrag wurde zuerst bis 31. Dezember 2010 ruhend gestellt. Von Januar bis März 2011 besuchte die Münchnerin das Fitnessstudio mehrmals.

Attest belegt Unmöglichkeit des Fitness­stu­dio­besuchs aus medizinischen Gründen

Am 12. April 2011 kündigte sie den Vertrag fristlos aus wichtigem Grund. Sie legte ein Attest vor vom 12. April 2011, in dem bescheinigt wird, dass sie aufgrund ihres derzeitigen Gesund­heits­zu­standes nicht am Fitnessprogramm teilnehmen könne. Der Zeitpunkt, ab dem eine Wiederaufnahme gesundheitlich möglich sei, sei nicht absehbar. Sie legte am 18. April 2011 ein weiteres Attest vor, in dem bescheinigt wird, dass sie aus medizinischen Gründen das Fitnessstudio nicht mehr besuchen könne. Als Diagnose wird eine traumatische Epicondylitis Humeri Radialis chronifiziert mit thera­pie­re­sis­tenten Beschwerden und eine posttrau­ma­tische Ulnarisreizung am Ellenbogen angegeben. Das Fitnessstudio wies die Kündigung zurück und verlangt die restlichen Beiträge.

Fitnessstudio-Betreiber hält außer­or­dentliche Kündigung für ungerecht­fertigt

Der Fitnessstudio-Betreiber meint, eine außer­or­dentliche Kündigung sei nur gerechtfertigt, wenn jede sportliche Betätigung auf Dauer ausgeschlossen sei. Der Beklagten sei jedenfalls ein moderates Training bzw. die Nutzung des umfangreichen Wellness­be­reiches möglich. Sie könne zumindest ein Herz-/Kreis­l­auf­training auf einem Rad, Liegerad, Lauf- oder Crossergometer durchführen, das die Arme nicht im Geringsten belaste. Auch an Geräten zur Stärkung der Bauch-, Rücken-, Brust- oder Beinmuskulatur könne sie trainieren. Das Studio biete außerdem zahlreiche Aerobic- und Gymnastikkurse an und eine Saunalandschaft stehe zur Verfügung.

AG München: Außer­or­dentliche Kündigung des Vertrags ist wirksam

Das Amtsgericht München gab der Frau Recht. Die außer­or­dentliche Kündigung des Vertrags ist wirksam. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um ein Dauer­schuld­ver­hältnis. Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauer­schuld­ver­hält­nisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil, unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Vertrags­ver­hält­nisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn einem der Vertragspartner aus Gründen, die nicht in seinem Verant­wor­tungs­bereich liegen, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertrags­partners nicht mehr zumutbar ist.

Klägerin war aufgrund gesund­heit­licher Beein­träch­ti­gungen zur Vertrags­kün­digung berechtigt

Das Gericht sieht den wichtigen Grund, der die beklagte Münchenerin zur außer­or­dent­lichen Kündigung des Vertrages berechtigt, in den schweren gesund­heit­lichen Beein­träch­ti­gungen aufgrund des Unfalls vom 3. August 2010, die zu einer langfristigen Sport­un­fä­higkeit führten. Die Beklagte litt aufgrund dieser Verletzungen zum Zeitpunkt der Kündigung an erheblichen Schmerzen im rechten Arm und war nicht in der Lage mit der rechten Hand zuzugreifen, so dass sie weder an einem Großteil der angebotenen Kurse teilnehmen, noch an den meisten Geräten trainieren konnte. Eine Besserung der Beschwerden war nicht absehbar.

Patient darf dem Rat seines Arztes vertrauen

Der behandelnde Arzt der Beklagten hielt ein Trainieren der Beklagten im Fitnessstudio für nicht sinnvoll und hat dies der Beklagten attestiert. Das Gericht führt aus, dass es einem Patienten nicht zuzumuten ist, erst ein Gutachten einzuholen, ob der Rat des Arztes auch zutreffend ist, vielmehr darf der Patient dem Rat seines Arztes vertrauen.

Nebenleistungen eines Studios in der Regel kein Hauptgrund für Abschluss eines Fitness­stu­dio­ver­trages

Die Beklagte müsse sich nicht auf die Benutzung einiger weniger Geräte für die Beinmuskulatur und die Wellnes­s­an­gebote des Studios verweisen lassen. Ein Fitnessstudiovertrag werde in der Regel geschlossen, um sich körperlich zu ertüchtigen und Muskulatur und Fitness zu trainieren. Bei den Wellnes­s­an­geboten handele es sich um Nebenleistungen des Studios, die vom Mitglied in der Regel nach dem Sport genutzt würden, nicht jedoch um die Leistungen, weswegen ein Fitness­stu­dio­vertrag geschlossen werde und ein Fitnessstudio besucht werde.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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