Das Gericht wies die Klage eines Fitnessstudiobetreibers ab, der einen Kunden zur Zahlung rückständiger Mitgliedsbeiträge verklagt hatte. Das Gericht bescheinigte dem Mitglied die Wirksamkeit seiner Kündigung. Der Sportler hatte seine Mitgliedschaft wegen einer plötzlichen Rheumaerkrankung gekündigt und darauf verwiesen, dass sein ihm von jeglicher sportlicher Betätigung abrate. Dem Sportstudiobetreiber reichte der vorgelegte ärztliche Attest jedoch nicht aus. Er verlangte weitere Belege zur Glaubhaftmachung der Sportunfähigkeit.
Hierzu sah sich der Studiobetreiber aufgrund einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Fitnessvertrags berechtigt. Dort hieß es, dass der Kündigungsgrund durch "geeignete Belege" glaubhaft zu machen sei. Das Amtsgericht verwarf diese Argumentation des Studiobetreibers und erklärte die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 BGB für unwirksam.
Die Klausel lasse nicht erkennen, was unter "geeigneten Belegen" zu verstehen sei. Der Begriff sei unbestimmt und dehnbar. Die Auslegung dieses Begriffs erstrecke sich von der einfachen ärztlichen Erklärung, das der Kündigende keinen Fitnesssport betreiben solle bis zur Vorlage der gesamten ärztlichen Behandlungsunterlagen. Außerdem suggeriere die Klausel, der Verwender habe die Oberhand über die Auslegung und könne selbst entscheiden, was er für geeignet halte und was nicht.
Selbst wenn die Klausel wirksam sei, so hätte der beklagte Sportler spätestens mit der ärztlichen Bescheinigung einen geeigneten Beleg vorgelegt. Die Bescheinigung enthalte neben der Diagnose der rheumatischen Erkrankung den Hinweis, dass eine sportliche Betätigung auch leichterer Art für mindestens ein Jahr kontraindiziert sei.
Die Anforderungen, die an "geeignete Belege" zu stellen seien, könnten nicht hoch sein. Bei der Interessenabwägung gehe es einerseits um den Schutz der Intimsphäre des Beklagten und andererseits um die Planungssicherheit des Klägers, um erfolgreich am wirtschaftlichen Marktgeschehen teilnehmen zu können.
Menschen genießen bei Krankheiten Anspruch auf Geheimhaltung. Krankheiten seien deshalb schon ihrer Natur nach der Intimsphäre zuzuordnen. Die Rechtsordnung verdeutliche dies an der Verschwiegenheitspflicht von Ärzten, so dass der Anspruch strengsten Schutz genieße. Der Schutz der Intimsphäre habe grundsätzlich Vorrang vor dem wirtschaftlichen Gewinnstreben. Der Fitnessstudiobetreiber habe deshalb keinen Anspruch auf vollständige und umfangreiche Aufklärung hinsichtlich der Krankheit seines Vertragspartners, um die Wirksamkeit einer Kündigung oder die Erfolgsaussichten einer Klage überprüfen zu können.
Zweifel seien nur über das Gerichtsverfahren zu klären, wobei erneut die verfassungsrechtlichen Garantien des Fitnessstudioteilnehmers zu beachten seien. In hiesigem Fall sei die Kündigung des Beklagten rechtmäßig, da seinen Interessen der Vorrang einzuräumen sei (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1996 - XII ZR 55/95 -). Denn er könne aus Gründen, auf die er keinen Einfluss habe, auf Dauer die Einrichtungen des Fitnessstudios nicht nutzen. Ihm sei wegen seiner Krankheit jede sportliche Betätigung auf Dauer verwehrt.
Diese Veränderung seines Gesundheitszustands liege zwar grundsätzlich im Risikobereich des Beklagten, schließe jedoch das Kündigungsrecht nicht aus. Zu berücksichtigen sei dabei, dass er die Erkrankung nicht beeinflussen konnte, diese erst nach Vertragsschluss auftrat und für den Beklagten wegen seines noch jungen Alters selbst überraschend und ungewöhnlich war. Der Beklagte müsse auch nicht die Mitgliedschaft fortsetzen, weil ihm noch die Teilnahme an alternativen Leistungsangeboten wie etwa Sauna, Solarium oder Entspannungskurse möglich sei. Denn er habe den Fitnessvertrag wegen der sportlichen Trainingsmöglichkeiten in dem Studio abgeschlossen. Die Teilnahme sei ihm nun verwehrt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.03.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Dieburg (vt/we)