Bundesgerichtshof Urteil23.10.1996
Fitnessstudio: AGB-Klausel, die Zahlung des Monatsbeitrags auch bei Nicht-Nutzung vorschreibt, ist ungültigBGH gleicht unterschiedliche Interessen zwischen Fitnessstudio-Betreiber und Kunden aus
Verträge über die Nutzung eines Fitnessstudios enthalten oft eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wonach der Kunde den monatlichen Mitgliedsbeitrag auch für diejenigen Zeiträume bezahlen muss, in denen er die Einrichtungen des Studios gar nicht nutzt. Gegen einen solchen Vertrag hatte sich ein Verbraucherverein gewandt, der die gerichtliche Untersagung einer entsprechenden Klausel durchsetzen wollte. Der Bundesgerichtshof schloss sich der Auffassung des Vereins weitgehend an und untersagte in letzter Instanz die Verwendung entsprechender AGB.
Der Bundesgerichtshof gab den Betreibern des von der Klage betroffenen Fitnessstudios insoweit Recht, als die Interessen der Kunden dann zurückstehen müssen, wenn sie das Fitnessstudio nicht mehr nutzen wollen, weil sie vorübergehend verhindert sind oder weil Umstände, die sie selbst beeinflussen können, sie vom Besuch des Fitnessstudios abgehalten haben.
Wer keinen Einfluss auf Nicht-Nutzung hat (z.B. bei Krankheit), muss auch nicht bezahlen
Nach dem Wortlaut der im zugrunde liegenden Fall zu beurteilenden Klausel sollten die Kunden die monatlichen Beiträge aber auch dann weiterbezahlen, wenn sie aus Gründen, die sie nicht beeinflussen können, auf Dauer die Einrichtungen des Fitnessstudios nicht nutzen können. So müssten sie z.B. auch dann weiterzahlen, wenn ihnen wegen einer Krankheit oder einer Verletzung auf Dauer jede sportliche Betätigung verwehrt wäre.
BGH wägt unterschiedliche Interessen gegeneinander ab
Der Betreiber eines Fitnessstudios hat auf der einen Seite ein berechtigtes Interesse daran, Kunden langfristig an sich zu binden und von diesen Kunden regelmäßige Zahlungen zu erhalten, die für ihn eine sichere Kalkulationsgrundlage darstellen. Dem steht das Interesse der Kunden gegenüber, nicht zahlen zu müssen, wenn sie das Studio nicht nutzen. Diese Interessen werden durch die in Frage stehende AGB-Klausel unangemessen beeinträchtigt.
BGH wendet sich gegen ungerechtfertigte Benachteiligung der Kunden
In einem Extremfall, so führten die Richter aus, müsste der Kunde, wenn er sich unmittelbar nach Abschluss des Vertrages verletze - entgegen der entsprechenden gesetzlichen Regelung des BGB ein Jahr lang die die vollen Beiträge zahlen, ohne irgendeine Gegenleistung zu erhalten. Denn der Vertrag sah eine Mindestlaufzeit von einem Jahr vor. Eine solche Regelung aber führe nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich. Sie stelle vielmehr die Interessen des Betreibers des Fitnessstudios (also des Verwenders der Klausel) einseitig in den Vordergrund und enthalte eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung des Vertragspartners.
Einweisung in Geräte und Aufsicht der Trainer ist wichtiger Vertragsbestandteil
Der Bundesgerichtshof verwies auch auf einen weiteren Aspekt, den er aber nicht abschließend beurteilte, weil es darauf nicht mehr ankam: In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte werde nämlich die Auffassung vertreten, dass Verträge über die Nutzung eines Fitnessstudios ins Gewicht fallende dienstvertragliche Elemente aufweisen. Denn eine falsche Handhabung der Geräte sei mit erheblichen gesundheitlichen Risiken für die Kunden verbunden. Deshalb habe die Einweisung der Kunden in die Handhabung und Bedienung der Geräte und die Beaufsichtigung des Trainings durch Fachkräfte wesentliche Bedeutung. Deshalb komme es in Betracht, dem Kunden ein Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund zuzugestehen, so wie es das Dienstvertragsrecht in § 626 BGB vorsehe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.08.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)
der Leitsatz
AGBG § 9 Abs. 1
Die von dem Betreiber eines Sport- und Fitnessstudios in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen benutzte Klausel:
"Der Beitrag ist auch dann regelmäßig zu zahlen, wenn das Mitglied die Einrichtungen nicht nutzt",
benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen und ist deshalb nach § 9 Abs. 1 ABGB unwirksam.