14.11.2024
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Amtsgericht Köln Urteil14.09.2011

Streupflicht: Bewohner von Erd­geschoss­wohnungen sind für Winterdienst nicht allein­verantwortlichIn Häusern mit mehreren Mietparteien müssen die Pflichten zum Winterdienst gerecht und angemessen aufgeteilt werden

Ist die Pflicht zur Durchführung des Winterdienstes auf den Gehwegen im Rahmen eines Mietvertrages als unangemessene Benachteiligung zu sehen und als "überraschend" zu werten, so wird sie nicht Bestandteil des Vertrages. Dies entschied das Amtsgericht Köln.

Die Mieterin einer Erdge­schoß­wohnung in einem mehrstöckigen Wohnhaus bat ihre Vermieterin, sie aus gesund­heit­lichen Gründen von der Pflicht zum Winterdienst zu befreien. Die seit 1964 im Mietverhältnis stehende Frau war ihrer Verpflichtung, die ihr mit der Hausordnung auferlegt worden war, bis dahin stets nachgekommen. Die Hausordnung verpflichtete die Erdge­schoss­mieter zum Freihalten der Bürgersteige und der Hauszugänge von Schnee und Eis und das Bestreuen bei Glätte. Die Polizei hielt sich bei Vernach­läs­sigung dieser Pflichten an die Erdge­schoss­mieter. Die übrigen Mieter hatten nach der Hausordnung lediglich ihre Vorflure sowie die nächstgelegenen Treppen zu reinigen.

Klägerin: Befreiung vom Winterdienst aufgrund gesund­heit­licher Einschränkung

Die Klägerin war aufgrund ihres Alters und einer massiven Herzin­suf­fizienz körperlich nicht mehr in der Lage, den Winterdienst auszuführen und bat unter Vorlage eines ärztlichen Attests um Befreiung von dieser Pflicht. Die Vermieter bestritten jedoch, dass die Mieterin aus gesund­heit­lichen Gründen nicht in der Lage sei, den Dienst zu übernehmen. Die Frau reichte daraufhin Klage ein.

Gericht: Klausel in der Hausordnung verstößt gegen Treu und Glauben

Das Amtsgericht Köln gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, dass die entsprechende Regelung in der Hausordnung nicht wirksamer Vertrags­be­standteil geworden sei. Dies ergebe sich nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aus der unangemessenen Benachteiligung der Erdge­schoss­mieter als auch aus dem Überra­schungs­effekt. Die Voraussetzung für die Übertragung von Verkehrs­si­che­rungs­pflichten auf die Mieter, die grundsätzlich möglich sei, setze voraus, dass sie klar und eindeutig erfolge (vgl. BGH, Urteil v. 22.01.2008 - VI ZR 126/07 - = BGH WuM 2008, 235). Die Bestimmung zum Winterdienst in der Hausordnung unter der Überschrift "Reinigung und Pflege" sei optisch nicht besonders gekennzeichnet gewesen (vgl. AG Köln, Urteil vom 27.01.2011, Az.: 210 C 107/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 22.09.1988, Az.: 16 U 123/87; LG Karlsruhe, Urteil vom 30.05.2006, Az.: 2 O 324/06).

Unzumutbare Belastung der Erdge­schoss­be­wohner durch Winterdienst

Die Überbürdung des Winterdienstes auf nur drei von 24 Parteien sei überraschend und belaste die Erdge­schoss­mieter unzumutbar (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil v. 03.11.1987 - 2/11 S 136/87 -) Die Auferlegung des Winterdienstes beinhalte erhebliche Haftungsrisiken. Es müsste außerdem in extremen Wintern unter Umständen mehrfach pro Woche die Gehwege in den frühen Morgenstunden, bei Kälte, Dunkelheit und Glätte unter Einsatz von Streusalz von Schnee und Eis befreit werden. Die Reinigung des Treppenhauses sei dagegen wesentlich einfacher durchzuführen und beinhalte keine Haftungsrisiken.

Nach dem Urteil ist die Frau von der Durchführung ihres Winterdienstes frei geworden.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Köln (vt/st)

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