Im zugrunde liegenden Streitfall hatten Wohnungseigentümer die Räum- und Streupflicht über die Klausel "Hausordnung" im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. An einem Wintertag stürzte eine Anwohnerin auf einem glatten Hofweg und verklagte daraufhin die Hauseigentümer und die Mieter der Erdgeschoßwohnungen auf Schadensersatz.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gab der Klägerin Recht, sah aber einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht nur bei dem Mieter, der an dem Tag des Unfalls für die Räum- und Streupflicht verantwortlich war. In § 27 des mit den Erdgeschossmietern abgeschlossenen Mietvertrages sei ausdrücklich bestimmt worden, dass die Mieter in einer wöchentlich wechselnden Reihenfolge verpflichtet seien, den Gehweg und die Zugangswege vor dem Haus von Schnee und Eis zu reinigen, bei Glätte zu streuen und angesichts der bestehenden Witterungsverhältnisse die gebotenen Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Diese Verpflichtung traf am Unfalltage unstreitig die Mieter der Erdgeschosswohnung. Ihnen sei diese Verpflichtung in wirksamer Weise übertragen worden.
Zwar treffe es zu, dass die Vereinbarung darüber lediglich in dem von den Vermietern verwendeten vorgedruckten Mietvertragsformular enthalten sei und dort unter § 27 des Vertragstextes mit der Überschrift „Hausordnung“ stehe. Doch folge daraus entgegen der Ansicht der Mieter der Erdgeschosswohnung nicht, dass diese formularmäßige Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf sie als Mieter unwirksam sei.
Eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGB-Gesetz, die nicht Vertragsbestandteil geworden wäre, liege nicht vor. Die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf den Mieter sei dann überraschend, wenn sie sich nur in einer vorformulierten Hausordnung befinde, weil Hausordnungen üblicherweise nur ausführende Regelungen zu den Rechten und Pflichten im Mietvertrag enthielten. Dieses Argument gelte aber nur in den Fällen, in denen die Hausordnung im Anschluss an den Vertragsabschluss den Mietern überlassen werde, weil diese dann nicht mehr damit rechneten und auch nicht zu rechnen bräuchten, dass darin wesentliche vorher in dem Mietvertrag nicht erwähnte Vertragspflichten enthalten seien. Nicht aber könne dies gelten, wenn wie hier die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrages, also Teil des vereinbarten und unterschriebenen und damit normalerweise zur Kenntnis genommenen Vertragstextes sei.
Abgesehen davon sei die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Mieter ohnehin nicht unüblich, so dass Mieter mit einer solchen Regelung rechnen müssten. Entscheidend spräche hier aber vor allem gegen die Annahme einer Überraschungsklausel der Umstand, dass der Erdgeschossmieter in Kenntnis der übernommenen Verpflichtung die Zugangswege vor dem Haus am Unfalltage - wenn auch unzureichend - gereinigt und gestreut habe. Er sei demnach bereit gewesen, der ihm auferlegten Pflicht nachzukommen und habe der Übernahme dieser Verpflichtung in dem vorgesehenen zeitlichen Rahmen zugestimmt, so dass er wegen der ihn daraus treffenden Pflichten nicht überrascht worden sei.
Das Gericht sah in der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf den Mieter auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGB-Gesetz (seit 1.1.2002: § 307 BGB). Der Mieter sei aufgrund seiner Nähe zum Mietobjekt ohne weiteres in der Lage, einen gefahrenträchtigen Umstand zu erkennen und abzustellen. Deshalb sei es nicht unangemessen, ihm die Sicherungspflicht dafür zu übertragen, dass von der Mietsache keine Gefahren für Dritte ausgehen.
Das AGB-Gesetz ist zum 1.1.2002 außer Kraft getreten. § 3 AGB-Gesetz entspricht jetzt § 305 c BGB. § 9 AGB-Gesetz entspricht § 307 BGB.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.12.2010
Quelle: ra-online, OLG Frankfurt am Main (vt/ac)