21.11.2024
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Dokument-Nr. 12693

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Urteil03.11.1987Landgericht Frankfurt am Main2/11 S 136/87
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 1988, 782Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 1988, Seite: 782
  • WuM 1988, 120Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 1988, Seite: 120
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ergänzende Informationen

Landgericht Frankfurt am Main Urteil03.11.1987

Räum- und Streupflicht: Mieter kann nicht durch Hausordnung zum Winterdienst verpflichtet werdenAlleinige Verpflichtung der Mieter einer Erdge­schoss­wohnung zum Winterdienst wird als "überraschende Klausel" nicht Bestandteil des Mietvertrags

Werden einzelne Mieter in ihrer Verpflichtung zur Reinigung des Gemeinschafts­eigentums durch die Hausordnung ungleich mehr belastet als andere, so wird diese Regelung unwirksam. Besonders die Übernahme des Winterdienstes stellt eine Mehrbelastung gegenüber den Verpflichtungen zur Reinigung von Hausflur und Treppe dar. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main hervor.

Die 76-jährige Mieterin einer Erdge­schoss­wohnung, die ihrer durch die Hausordnung auferlegte Schnee­räu­mungs­pflicht seit 30 Jahren nachkam, bat ihren Vermieter aus gesund­heit­lichen und altersbedingten Gründen um Befreiung von dieser Pflicht. Der Vermieter verneinte diese Bitte mit der Begründung, er müsse dann 6000 Mietverträge entsprechend ändern und die Beauftragung eines Reini­gungs­un­ter­nehmens verursache zusätzliche Kosten in Höhe mehrerer Tausend DM. Er schlug der Frau vor, Verwandte, Freunde oder Nachbarn um Hilfe bei der Durchführung der Arbeiten zu bitten.

Regelung in der Hausordnung

Die Hausordnung regelte unter Ziffer 16: "Die Inhaber der Wohnungen im Erdgeschoss reinigen den Zugang zum Hause, die Haustreppe sowie die Treppen auf den Flur ihres Geschosses; sie haben erfor­der­li­chenfalls den Zugang zum Haus und die Haustreppe von Schnee freizuhalten und Glätte durch Sand, Asche oder andere abstumpfende Mittel zu beseitigen. Die Inhaber der Wohnungen in den oberen Stockwerken reinigen die Treppe zu ihrem Geschoss und den dazugehörigen Flur."

Regelung in Hausordnung verstößt gegen Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Das Landgericht Frankfurt am Main erklärte die zur Schnee­be­sei­tigung verpflichtende Ziffer 16 der Hausordnung für nichtig. Nach dieser Klausel sei der Mieter der Erdge­schoss­wohnung zum Reinigen des Hauszugangs, der Haustreppe sowie den Treppen und Fluren seines Geschosses verpflichtet. Er sei zudem dafür verantwortlich, den Hauszugang und die Haustreppe von Glätte im Winter freizuhalten. Nach Auffassung des Gerichts verstoße diese Klausel gegen § 9 Abs. 1 AGBG, da der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt sei.

Winterdienst stellt erhebliche Mehrbelastung dar

Aufgabe der Hausordnung sei es, das reibungslose Zusammenleben der Mieter in einer Hausge­mein­schaft zu regeln. Somit könne die Hausordnung nur solche Bestimmungen beinhalten, die von der Natur der Sache her eine Selbst­ver­ständ­lichkeit und nach dem Mietvertrag ohnehin zu respektieren seien. Hierzu gehöre auch die Reinigung der gemein­schaftlich genutzten Räume, jedoch nicht die Verpflichtung zur Übernahme der Treppen­haus­rei­nigung und Schnee­be­sei­tigung, da dies eine erhebliche Mehrbelastung bedeute. Im Vergleich zur Reinigung von Hausflur und Treppe verlange der Winterdienst einen permanenten Einsatz, auch zu frühen Morgenstunden und bei unangenehmen Temperaturen und schlechten Witte­rungs­be­din­gungen.

"Überraschende Klausel" in der Hausordnung aufgrund ungleicher Pflicht­ver­teilung unwirksam

Bei der Verteilung der Reini­gungs­pflicht sei eine geringfügig unter­schiedliche Arbeits­be­lastung einzelner Mieter hinzunehmen. Dies gelte jedoch nicht für die Schneeräumung, zu der im vorliegenden Fall nur die Mieter der Erdge­schoss­woh­nungen verpflichtet werden sollen. Eine derartige Ungleich­ver­teilung der Pflichten könne nicht über die Hausordnung, sondern ausschließlich über den Mietvertrag geregelt werden. Der Mieter müsse in Hausordnungen nur den üblichen Regelungsinhalt erwarten, wie etwa die gleichmäßige Verteilung der Reini­gungs­pflichten. Werden dem Mieter zusätzliche Pflichten auferlegt, handele es sich um eine überraschende Klausel nach § 3 AGBG und werde demnach nicht Vertrags­be­standteil. Zudem sei die Mieterin von ihrer Verpflichtung gemäß § 275 BGB wegen nachträglicher subjektiver Unmöglichkeit frei geworden.

Erläuterungen

Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1987 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".

Quelle: ra-online, Landgericht Frankfurt am Main (vt/st)

der Leitsatz

Der Vermieter kann den Winterdienst nur in einer einver­nehm­lichen Regelung im Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden - nicht aber durch eine Hausordnung (rao).

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