21.11.2024
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Amtsgericht Gießen Urteil12.06.2014

Keine Erlaub­nis­pflicht des Wunderheilers zur Ausübung von Heilkunde aufgrund fehlender Tätigkeit als HeilpraktikerKeine Strafbarkeit wegen fehlender Erlaubnis

Ein Wunderheiler übt keine Tätigkeit als Heilpraktiker aus und bedarf daher keiner Erlaubnis nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz. Er kann sich daher nicht wegen der fehlenden Erlaubnis strafbar machen. Dies hat das Amtsgericht Gießen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Wunderheiler "behandelte" mittels Pendel, Handauflegen und Fernheilung mehrere Patienten. Seine Behandlungen kosteten zwischen 60 und 1.000 EUR. Obwohl er vorgab mittels seiner geistigen Kräfte Krankheiten, wie etwa Krebs, Alzheimer oder HIV heilen zu können, riet er seinen Patienten stets dazu Schulmediziner zu konsultieren. Die Staats­an­walt­schaft sah in der Behandlung des Wunderheilers einen Verstoß gegen § 5 des Heilprak­ti­ker­ge­setzes (HeilPraktG) und erließ einen Strafbefehl. Ihrer Ansicht nach habe der Wunderheiler einer Erlaubnis nach dem HeilPraktG bedurft. Gegen den Strafbefehl legte der Wunderheiler Einspruch ein.

Keine Strafbarkeit wegen fehlender Erlaubnis

Das Amtsgericht Gießen entschied zu Gunsten des Wunderheilers. Dieser habe keine Tätigkeit als Heilpraktiker ausgeübt und habe daher auch keiner Erlaubnis nach § 1 HeilPraktG bedurft. Eine Strafbarkeit nach § 5 HeilPraktG wegen der fehlenden Erlaubnis sei daher ausgeschlossen gewesen. Die Erlaub­nis­pflicht setzte voraus, dass Behandlungen ausgeübt werden, die nennenswerte gesundheitliche Schädigungen verursachen können. Sie ziele daher auf den Gesund­heits­schutz der Bevölkerung ab. Stellen Behandlungen aber keine Gesund­heits­gefahr dar, so seien sie auch nicht erlaub­nis­pflichtig. So habe der Fall hier gelegen. Der Wunderheiler habe durch seine Tätigkeit noch nicht einmal eine mittelbare Gefährdung verursacht, da er stets zu einer schul­me­di­zi­nischen Behandlung geraten habe.

Fehlende Täuschung schloss Strafbarkeit wegen Betrugs aus

Der Wunderheiler habe sich zudem nach Auffassung des Amtsgerichts nicht wegen Betrugs (§ 263 StGB) strafbar gemacht. Denn er habe nicht darüber getäuscht Arzt oder zugelassener Heilpraktiker zu sein. Zwar habe der Wunderheiler den Patienten vorgetäuscht mittels seiner geistigen Kräfte heilen zu können. Diesbezüglich habe es jedoch am Täuschungs­vorsatz gefehlt, da der Wunderheiler an seinen Fähigkeiten geglaubt habe. Auch das Inaus­sicht­stellen einer Heilung sei unerheblich gewesen, da auch die Schulmedizin Zuversicht verbreitet, ohne einen Betrug zu begehen. Etwas anderes könne jedoch dann gelten, wenn der Wunderheiler seine Heilungskräfte dem Anschein der Wissen­schaft­lichkeit gibt. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen.

Quelle: Amtsgericht Gießen, ra-online (vt/rb)

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