23.11.2024
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Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Beschluss30.10.2015

Kein Ausgleich der Mehrkosten für Ausbau frühkindlicher BetreuungAntrag auf Übernahme der Mehrkosten durch das Land nach dem Konne­xi­täts­prinzip erfolglos

Der Verfassungs­gerichts­hof Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Stadt Neustadt an der Weinstraße und die Verbands­ge­meinde Flammersfeld nicht geltend machen können, dass ihnen die durch den Ausbau der frühkindlichen Förderung entstehenden Mehrkosten in verfas­sungs­widriger Weise nur unzureichend ersetzt würden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund des "Kinder­för­de­rungs­ge­setzes" des Bundes vom 10. Dezember 2008 wurde das frühkindliche Förderangebot kontinuierlich ausgebaut. Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, haben seit dem 1. August 2013 Anspruch auf Förderung in einer Tages­ein­richtung oder in Kinder­ta­gespflege. Durch den notwendig gewordenen Ausbau von Betreu­ungs­plätzen sind nicht unerhebliche Mehrkosten bei den nach rheinland-pfälzischem Landesrecht für die Kinderförderung zuständigen Kreisen, kreisfreien Städten sowie den Gemeinden entstanden. Die Antrag­stel­le­rinnen sind der Auffassung, das Land müsse ihnen diese Mehrkosten aufgrund des so genannten Konne­xi­täts­prinzips ersetzen. Dieser in Art. 49 Absatz 5 der Landes­ver­fassung (LV) verankerte Grundsatz bestimmt, dass das Land gleichzeitig mit der Übertragung oder Erweiterung öffentlicher Aufgaben eine Regelung zur Deckung der Kosten zu treffen und die Mehrbelastung auszugleichen hat.

Antrag­stel­le­rinnen fehlt erforderliche Antragsbefugnis

Die Anträge blieben vor dem Verfas­sungs­ge­richtshof Rheinland-Pfalz ohne Erfolg, da sie unzulässig sind. Den Antrag­stel­le­rinnen fehle die erforderliche Antragsbefugnis, weil eine Verletzung ihres Rechts auf Selbst­ver­waltung in seiner Ausprägung durch das Konne­xi­täts­prinzip nicht möglich sei. Denn der auf Art. 49 Abs. 5 LV gestützte Anspruch setze zwingend eine auf eine Entscheidung des Landes zurück­zu­führende Aufga­be­n­über­tragung voraus; das Land müsse Kosten­ver­ur­sacher sein. Dies sei bei einer Veränderung der Aufgaben durch Bundesrecht nicht der Fall, wenn sich der Beitrag des Landes­ge­setz­gebers - wie hier - auf eine mehrere Jahre zuvor erlassene allgemeine Zustän­dig­keits­zu­weisung an die Kommunen beschränke. Ein bloßes Unterlassen des Landes etwa in Form des "Unterlassens" der Rückholung der Aufgabe reiche als konne­xi­täts­re­le­vanter Sachverhalt nicht aus.

Sechsmonatige Antragsfrist von Antrag­stel­le­rinnen nicht eingehalten

Darüber hinaus hätten die Antrag­stel­le­rinnen - bei unterstellter Konne­xi­täts­re­levanz - die sechsmonatige Antragsfrist nicht eingehalten, die im Falle des von den Antrag­stel­le­rinnen geltend gemachten Unterlassens mit dem Bekanntwerden der Unterlassung und der daraus folgenden Handlungs­pflicht zu laufen beginne. Der Zeitpunkt, zu dem das Land aufgrund der Konne­xi­täts­be­stim­mungen handlungs­pflichtig sei, sei verfas­sungs­rechtlich festgelegt: Das Land habe bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Konne­xi­täts­prinzips "gleichzeitig" die Kostendeckung zu regeln. Nur dann könne sich das Land die Konsequenzen seiner Entscheidung über die Aufga­be­n­über­tragung an die Kommunen umfassend vor Augen führen. Eine fortdauernde Handlungs­pflicht, bei der die Antragsfrist erst bei eindeutiger Erfül­lungs­ver­wei­gerung in Lauf gesetzt werde, sei hingegen im Rahmen des Art. 49 Abs. 5 LV nicht anzunehmen. Hiernach beginne die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem - aus Sicht der Antrag­stel­le­rinnen - das Land die bundes­ge­setzliche Ausweitung der frühkindlichen Förderung aufgrund der Beibehaltung der Aufga­ben­zu­weisung an die Kommunen selbst zu verantworten habe. Die bundes­ge­setzliche Erweiterung der Betreuung habe aber bereits am 1. August 2013 mit dem Betreu­ungs­an­spruch ab Vollendung des ersten Lebensjahres ihren Abschluss gefunden, so dass die Antragsfrist bei Einreichung des Antrags am 30. Dezember 2014 bereits abgelaufen gewesen sei.

Daher seien auch die Anschlus­s­anträge der Stadt Gerolstein und der Verbands­ge­meinde Birkenfeld unzulässig.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz/ra-online

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