18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 10185

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss16.06.2010

Psychotherapeut verliert Approbation aufgrund seiner Verurteilung wegen sexuellen MissbrauchsSchwerwiegendes Fehlverhalten macht weitere Berufsausübung untragbar

Wird ein Psychotherapeut wegen sexuellem Missbrauch seiner Patientinnen rechtskräftig verurteilt, ist ihm grundsätzlich die Approbation zu entziehen. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der heute 64-jährige Psychotherapeut (Kläger) von 2003 bis 2008 im Rahmen von Entspannungs- bzw. Hypno­se­be­hand­lungen fünf Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet. Deswegen wurde er 2008 wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behand­lungs­ver­hält­nisses in sieben Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Strafprozess hatte der Kläger den Sachverhalt, nach anfänglichem Bestreiten, vollumfänglich eingeräumt und auf Rechtsmittel verzichtet. Das Landes­ge­sund­heitsamt im Regie­rungs­prä­sidium Stuttgart widerrief daraufhin die ihm erteilte Approbation, weil sich aus den abgeurteilten Taten die Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs ergebe. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, sein Geständnis im Strafverfahren sei lediglich aufgrund eines „Deals“ abgegeben worden. Die Feststellungen des Strafurteils dürften daher im Wider­rufs­ver­fahren nicht berücksichtigt werden. Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen (vgl. Verwal­tungs­gericht Stuttgart, Urteil v. 01.10.2009 - 4 K 597/09 -). Den Antrag des Klägers, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg abgelehnt.

Sexuelle Übergriffe gegen Patientinnen stellen schwerwiegendes Fehlverhalten dar

Wiederholte sexuelle Übergriffe gegen Patientinnen im unmittelbaren Therapeuten-Patienten-Verhältnis stellten ein schwerwiegendes Fehlverhalten dar, das bei Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung untragbar erscheinen lasse, heißt es in den Gründen des Beschlusses. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das Verwal­tungs­gericht seiner Beurteilung die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafurteil zu Grunde gelegt und auf eigene Sachver­halt­s­er­mitt­lungen verzichtet habe. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Tatsa­chen­fest­stel­lungen seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sie ergäben sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Verurteilung möglicherweise eine Verfah­rens­ab­sprache (ein „Deal“) vorausgegangen sei, nach welcher der Kläger ein Geständnis abgelegt und - nachdem die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war - auf Rechtsmittel verzichtet habe. Denn auch im Falle einer derartigen Verfah­rens­ab­sprache werde das Strafverfahren mit einem „normalen“, vollgültigen Urteil abgeschlossen. Im Übrigen sprächen auch die vor der Polizei abgegebenen Aussagen der betroffenen Patientinnen dafür, dass das vom Kläger vor dem Strafgericht abgegebene Geständnis und damit die im Strafurteil getroffenen Tatsa­chen­fest­stel­lungen zutreffend seien. Anhaltspunkte dafür, dass und warum sich die fünf vom Kläger behandelten Frauen zu einer gemeinsamen Falschaussage abgesprochen haben könnten, seien nicht ersichtlich.

Erforderliche Zuverlässigkeit des Psycho­the­ra­peuten kann nicht nach Patien­ten­gruppen getrennt beurteilt werden

Der Widerruf der Approbation könne auch nicht auf die Behandlung weiblicher Patientinnen beschränkt werden, wie der Kläger angeregt habe. Denn die für eine Ausübung des Berufs des Psychologischen Psycho­the­ra­peuten erforderliche Zuverlässigkeit könne nicht nach Patien­ten­gruppen getrennt beurteilt werden. Sie beziehe sich vielmehr auf die Persönlichkeit des Appro­ba­ti­o­ns­in­habers.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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