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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil15.06.2016

Anspruch auf Witwengeld trotz Heirat erst zwei Monate vor dem Tod des Ehegatten möglichMöglichkeit einer tatsächlichen Lebens­ge­mein­schaft war nach ärztlicher Behandlung gegeben

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg (VGH) hat entschieden, dass eine Witwe, die einen lebens­be­drohlich erkrankten Beamten in Kenntnis von dessen Erkrankung knapp zwei Monate vor dessen Tod heiratete, ein Anspruch auf Witwengeld hat. Im konkreten Fall sei der Heirat­s­ent­schluss bereits vor Kenntnis von der lebens­be­droh­lichen Erkrankung getroffen und der Hochzeitstermin aus wirklich­keitsnahen Gründen nur aufgeschoben worden. Den Eheleuten sei bei der Hochzeit ärztlicherseits eine gemeinsame Zukunft für eine längere Zeit in Aussicht gestellt worden. Die Vermutung einer Versorgungsehe sei daher widerlegt, so dass die Klägerin Witwengeld verlangen könne.

Die 1961 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens bezog mit ihrem 1955 geborenen damaligen Lebensgefährten, einem seit 1995 im Ruhestand befindlichen Bundesbeamten, im Jahr 1996 eine gemeinsam gemietete Wohnung. In der Nähe wohnte auch der Sohn der Klägerin mit seiner Ehefrau und den 2009 und 2011 geborenen Kindern. Der Lebensgefährte erhielt Versor­gungs­bezüge von zuletzt rund 2.100 Euro, die Klägerin ein Arbeits­ein­kommen von rund 530 Euro netto monatlich. Bei ihrem Lebensgefährten wurde in der zweiten Jahreshälfte 2012 ein bösartiger Tumor in der Speiseröhre festgestellt. Am 28. März 2013 heirateten die Klägerin und ihr Lebensgefährte. Am 6. Mai 2013 wurde der Ehemann der Klägerin zur stationären Behandlung mit dem Ziel der Speise­röh­ren­ent­fernung im Univer­si­täts­klinikum aufgenommen und der Eingriff ohne Komplikationen durchgeführt. In den folgenden Tagen kam es jedoch u.a. zu einer Wundinfektion. Am 24. Mai 2013 verstarb der Ehemann.

Klägerin weist Vorwurf einer Eheschließung aus Versor­gungs­gründen von sich

Im Juli 2013 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwengeld. Diesen Antrag lehnte die Deutsche Telekom AG unter Verweis auf die Vermutung einer Versorgungsehe (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG) ab. Hiergegen erhob die Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland (Beklagte) Klage. Sie machte geltend, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt habe. Sie und ihr Ehemann hätten vor der Eheschließung 19 Jahre eheähnlich zusammengelebt. Sie seien seit 1995 verlobt gewesen und hätten Verlobungsringe getragen. Ein Heiratstermin sei immer wieder verschoben worden. Nach der Geburt des zweiten Enkelkindes hätten sie beschlossen, am Jahrestag ihres Kennenlernens, am 17. September 2011, die Ehe einzugehen. Die als Trauzeugen eingeplanten Freunde hätten ihre Bereitschaft erklärt. Für die musikalische Begleitung der Hochzeit habe bereits die Zusage einer Band vorgelegen. Im April 2011 hätten sich dann aber Probleme in der Familie zugespitzt, weshalb das Hochzeitsfest nicht mehr im Fokus gestanden habe. Denn ihr Sohn habe sich von seiner Ehefrau getrennt.

Verwal­tungs­gericht weist Klage ab

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg wies die Klage ab. Die Verzögerung der Hochzeit sei allein dem Umstand geschuldet gewesen, dass die Verlobten für ihre Eheschließung einen günstigeren, unbeschwerteren Zeitpunkt hätten abwarten wollen. Dies seien jedoch keine - nach der Rechtsprechung erforderlichen - objektiven Hinde­rungs­gründe, die eine Verschiebung der Eheschließung gleichsam erzwungen hätten.

Verlegung der Hochzeit aus wirklich­keitsnahen Gründen zur Widerlegung der Vermutung einer Versorgungsehe ausreichend

Auf die Berufung der Klägerin änderte der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts ab und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Witwengeld zu gewähren. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es nach der inzwischen weniger strengen Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts für die Widerlegung der Vermutung einer Versorgungsehe nicht mehr nötig sei, dass für die Verschiebung der Hochzeit objektive oder zwingende Gründe vorgelegen hätten. Es reiche aus, wenn die Heirat aus wirklich­keitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heirat­s­ent­schluss aber nicht aufgegeben worden sei. Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe sei widerlegt, wenn die Gesamt­be­trachtung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat im Einzelfall ergebe, dass die von der Versor­gungs­absicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versor­gungszweck überwögen oder ihm zumindest gleichwertig seien. Allerdings müssten bei dieser Gesamtbewertung die gegen eine Versorgungsehe sprechenden besonderen Umstände umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebens­be­droh­licher die Krankheit des Beamten zum Zeitpunkt der Heirat gewesen sei. Finde die Eheschließung nicht unmittelbar nach Kennt­ni­ser­langung von der lebens­be­droh­lichen Erkrankung statt, sondern erst, nachdem sich der Gesund­heits­zustand des erkrankten Ehepartners so gebessert habe, dass die Möglichkeit einer tatsächlichen Lebens­ge­mein­schaft wieder zu erwarten stehe, könne auch dies auf einen anderen Beweggrund der Heirat als den der Versor­gungs­absicht schließen lassen.

Vermutung der Versorgungsehe durch Klägerin glaubhaft widerlegt

Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe durch ihren glaubhaften Vortrag widerlegt. Der Verwal­tungs­ge­richtshof sei nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung von sieben Zeugen davon überzeugt, dass die für den 17. September 2011 beschlossene Hochzeit wegen der im Sommer 2011 erfolgten Trennung des Sohns der Klägerin und seiner Ehefrau und den damit verbundenen Belastungen in den Hintergrund gerückt und diese familiären Probleme im Sommer 2011 überraschend aufgetreten seien. In dieser Entwicklung der familiären Situation im Sommer 2011 liege ein nachvoll­ziehbarer, realistischer Grund für die Verschiebung einer bereits geplanten Hochzeit. Wäre es den späteren Eheleuten in erster Linie um die Versorgung der Klägerin gegangen, hätte es nahegelegen, die Ehe sofort nach der Krebsdiagnose zu schließen. Sie hätten jedoch im März 2013 geheiratet, nachdem der damalige Lebensgefährte der Klägerin die Chemotherapie bereits abgeschlossen und sich sein Gesund­heits­zustand soweit gebessert habe, dass die Möglichkeit einer tatsächlichen Lebens­ge­mein­schaft wieder zu erwarten gewesen sei.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Beamten­ver­sor­gungs­gesetz (BeamtVG) erhält die Witwe eines Ruhestands­beamten Witwengeld. Das Witwengeld wird allerdings nicht gewährt, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält das Gesetz also eine anspruchs­aus­schließende Vermutung einer Versorgungsehe, die durch besondere Umstände des Falles widerlegt werden kann. Im Recht der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung bestehen inhaltsgleiche Regelungen.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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