21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss11.05.2015

Pension mit 17 Betten im reinen Wohngebiet grundsätzlich unzulässigNutzung eines Mehrfa­mi­li­enhaus als Monteurs-Unterkunft nicht mit Charakter des reinen Wohngebiets vereinbar

In einem reinen Wohngebiet ist eine Pension mit 17 Betten grundsätzlich unzulässig. Eigentümer von Nachba­r­grund­s­tücken im reinen Wohngebiet können daher verlangen, dass die zuständige Baurechts­behörde entscheidet, ob und inwieweit dagegen eingeschritten wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungs­gerichts­hofs Baden-Württemberg hervor.

Die Betreiber einer Pension in der Gemeinde Brühl im Rhein-Neckar-Kreis beantragten einen Bauvorbescheid zur Änderung eines Mehrfa­mi­li­en­hauses in der Gemeinde Brühl in "Ferien-/Monteur­woh­nungen". Eine benachbarte Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft (Klägerin) wandte ein, dass es sich dabei um einen Beher­ber­gungs­betrieb in Form einer Pension handele, die in einem reinen Wohngebiet unzulässig sei. Das beklagte Landratsamt Rhein-Necker-Kreis teilte diese Auffassung nicht und hielt einen Bauvorbescheid für nicht erforderlich. Die Klägerin beantragte daraufhin, den Betreibern der Pension zu untersagen, ihr Mehrfamilienhaus als Monteurs-Unterkunft gewerblich zu nutzen. Die Pensi­ons­be­treiber vermieteten die Wohnungen im Haupthaus und zusätzlich Wohnungen in einem Nebengebäude tages- oder wochenweise. Während der Woche zögen hauptsächlich Monteure ein, an den Wochenenden Urlauber. In Spitzenzeiten seien bis zu 20 Gäste anwesend. Die Wohnungen würden im Branchen­ver­zeichnis als Pension mit tageweiser Vermietung beworben. Die Pensi­ons­be­treiber böten einen Wäscheservice sowie die Übernahme der Zimmerreinigung an. Da das Landratsamt nicht über diesen Antrag entschied, erhob die Klägerin Untätig­keitsklage.

Nutzung­s­än­derung verletzt Gebietsart des "reinen Wohngebiets"

Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe verpflichtete das Landratsamt mit Urteil vom 8. Oktober 2014, die Klägerin unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts zu bescheiden. Die Klägerin werde durch die Nutzungsänderung in ihrem Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart "reines Wohngebiet" verletzt. Der Beklagte sei daher ihr gegenüber verpflichtet zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie er gegen diese unzulässige Nutzung einschreite. Die anschließenden Anträge der Beigeladenen, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, blieben erfolglos.

Ehemaliges Mehrfa­mi­li­enhaus dient nicht mehr ausschließ­lichem Wohnen sondern nur noch Beher­ber­gungs­betrieb

Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwal­tungs­ge­richts. Das Verwal­tungs­gericht habe zutreffend angenommen, dass die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen in einem nicht überplanten Gebiet lägen, dass im Sinne eines faktischen reinen Wohngebiets ausschließlich von Wohnnutzung geprägt sei. Seine weitere Auffassung, die Räume im vormaligen Mehrfa­mi­li­enhaus der Beigeladenen dienten nicht mehr dem Wohnen, sondern würden nun als Beher­ber­gungs­betrieb genutzt, sei ebenfalls zutreffend. Der Begriff "Wohnen" setze eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit voraus, die sich durch eigene Gestaltung der Haushalts­führung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichne. Daran fehle es. Es handele sich vielmehr um einen Beher­ber­gungs­betrieb in Form einer Pension. Die Räume würden in ständigem Wechsel Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt. Die Gäste seien nur übergangsweise für einen begrenzten Zweck untergebracht. Bei der Vermietung an Monteure sei wegen bestehender Kochgelegenheit zwar eine gewisse Eigengestaltung der Haushalts­führung möglich. Nach dem Gesamtgepräge blieben diese aber doch Gäste eines Beher­ber­gungs­be­triebs.

Schutz der Wohnruhe in reinem Wohngebiet besonders bedeutsam

Zwar könnten in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise kleine Betriebe des Beher­ber­gungs­ge­werbes zugelassen werden. Das Merkmal "klein" solle insbesondere die Gebiets­ver­träg­lichkeit gewährleisten, für die in einem reinen Wohngebiet der Schutz der Wohnruhe besonders bedeutsam sei. Diesen Anforderungen genüge die Pension der Beigeladenen mit 17 Betten für Monteure nicht. Sie widerspreche nach ihrem Gesamtbild dem Charakter des Baugebiets. In einem durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiet, das sich zudem durch eine stark aufgelockerte Bebauung auszeichne und insgesamt als ruhiges Wohnquartier zu beurteilen sei, sei ein Beher­ber­gungs­betrieb grundsätzlich nur mit einer Zahl von deutlich weniger als 17 Betten wohnge­biets­ver­träglich und damit "klein".

Beurteilung eines Beher­ber­gungs­be­triebes als "klein" nicht verall­ge­mei­ne­rungsfähig

Die Berufung sei auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, mit wie vielen Betten ein Beher­ber­gungs­betrieb noch als "klein" gelte, um in einem faktischen reinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig zu sein, sei nicht verall­ge­mei­ne­rungsfähig zu beantworten. Dies richte sich allein nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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