21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss24.04.2013

Bordellkonzept Freiburg: Verbot eines bordellartigen Betriebs in Wohnungen rechtmäßigNutzung als Terminwohnungen zur Ausübung der Prostitution widerspricht Änderung des Bebauungsplans

Das von der Stadt Freiburg gegenüber einem Wohnungs­ei­gentümer verfügte Verbot, Wohnungen im Stadtteil Landwasser als bordellartigen Betrieb zu nutzen, bleibt bestehen. Dies hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Wohn- und Geschäftshaus des Klägers war 1990 als Zweirad­werkstatt mit Verkaufs-, Ausstellungs- und Lagerräumen, Büro sowie zwei Wohnungen für Betriebsinhaber und Betriebsleiter genehmigt worden. Es liegt im Gewerbegebiet des Bebauungsplans "Landwasser-Mitte II" der Stadt Freiburg. Mit einer Änderung des Bebauungsplans wurden 1992 Vergnü­gungs­stätten ausgeschlossen. 2005 wurde dieser Ausschluss mit einer zweiten Änderung umfassend auf - im Einzelnen aufgeführte - "sexbezogene" Nutzungen ausgedehnt. Hintergrund waren Beschlüsse des Gemeinderats, die Prosti­tu­ti­o­ns­nutzung konzeptionell zu steuern und im Stadtgebiet nur an drei Standorten bordellartige Betriebe zuzulassen (Bordellkonzept). Aufgrund eines anonymen Hinweises untersagte die Stadt im Januar 2011 dem Kläger die ohne Baugenehmigung aufgenommene Nutzung von Wohnungen als bordellartiger Betrieb und zur Ausübung der Prostitution und verpflichtete ihn, den Mietvertrag für "erotische Zwecke (Bordell/Escort/Terminwohnungen)" zu kündigen. Seine dagegen erhobene Klage wies das Verwal­tungs­gericht Freiburg ab. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.

Keine Zweifel an Erfor­der­lichkeit des Änderungs­be­bau­ungsplans

Die Einwendungen des Klägers begründeten keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Unter­sa­gungs­ver­fügung der Stadt sei rechtmäßig, weil die Nutzung als Terminwohnungen zur Ausübung der Prostitution der 2. Änderung des Bebauungsplans "Landwasser-Mitte II" widerspreche. Der umfassende Ausschluss "sexbezogener" Nutzungen sei rechtswirksam. An der Erfor­der­lichkeit des Änderungs­be­bau­ungsplans bestünden keine Zweifel, insbesondere sei er keine unzulässige reine Verhin­de­rungs­planung. Die Änderung des Bebauungsplans diene nicht nur der Umsetzung der vom Gemeinderat beschlossenen städtebaulichen Steuerung von Bordellen. Da sich im Gewerbegebiet kleinere Handwerks-, Handels- und Dienst­leis­tungs­be­triebe angesiedelt hätten, solle der Ausschluss "sexbezogener" Nutzungen auch den damit verbundenen städte-baulichen Missständen und Auswirkungen - wie z.B. Wegzug ansässiger Gewerbebetriebe, Belästigungen von Nachbarn, Milieu­ve­r­än­de­rungen - entgegenwirken. Die Baunut­zungs­ver­ordnung ermächtige die Gemeinde, bestimmte Arten der in einem Baugebiet grundsätzlich zulässigen Nutzungen aus besonderen städtebaulichen Gründen auszuschließen. Die angeführten negativen Auswirkungen seien solche Gründe. Die 2. Änderung des Bebauungsplans sei auch nicht abwägungs­feh­lerhaft. Dies gelte insbesondere bezüglich der Gleichstellung aller sexuell-orientierten Nutzungsarten.

Kläger unterläuft Planungsschutz durch ungenehmigte Nutzungs­aufnahme

Der Untersagung stehe auch nicht ein Vertrauensschutz des Klägers entgegen. Die von ihm vor der 2. Änderung des Bebauungsplans aufgenommene Nutzung sei zwar unter der Geltung der 1. Änderung zulässig gewesen. Gleichwohl könne er sich nicht darauf berufen, diese Nutzung nach Inkrafttreten der 2. Änderung fortsetzen zu dürfen. Denn er habe sie ohne erforderliche Baugenehmigung aufgenommen. Hätte er eine Baugenehmigung beantragt, hätte die Stadt Freiburg wegen des bereits begonnenen zweiten Änderungs­ver­fahrens den Bauantrag zurückstellen und damit verhindern können, dass ihre Planungs­ab­sichten durch „vollendete Tatsachen“ durchkreuzt würden. Diesen Planungsschutz habe der Kläger durch die ungenehmigte Nutzungs­aufnahme unterlaufen.

Kein Verstoß gegen das Gebot der Gleich­be­handlung

Die Stadt Freiburg habe auch ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Gleich­be­handlung nach Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Stadt habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie ihr Handlungs­konzept im Zuge einer neuen Bordell­kon­zeption fortentwickelt habe und nunmehr gegen seit längerer Zeit baurechtswidrig genutzte Terminwohnungen sowie gegen neue Etablissements vorgehe. Der Senat sehe auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Stadt ihr Konzept nicht konsequent verfolge. Sie habe in den vergangenen 18 Monaten gegen 15 bordellartige Betriebe Nutzungs­un­ter­sa­gungen verfügt. Es sei nicht zu beanstanden, dass dabei zunächst gegen neue Einrichtungen sowie gegen Einrichtungen mit einer größeren Anzahl von "Arbeitsplätzen" vorgegangen werde.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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