Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens sind seit 1992 Anwohner des Marienplatzes in Ravensburg. Erstmals im Jahr 2014 wandten sie sich gegen Geräusche, die von einem auf dem Marienplatz von der Beigeladenen seit dem Jahr 1994 betriebenen, von dem Künstler Robert Schad gestalteten Brunnen ausgehen.
Ihre gegen das Landratsamt als Immissionsschutzbehörde gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 17. März 2016 ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich ausweislich des von der Stadt Ravensburg (Beigeladene) eingeholten immissionsschutzrechtlichen Sachverständigengutachtens die von dem Brunnen auf das Haus der Kläger einwirkenden Geräusche im Rahmen des in einem Kerngebiet Zulässigen hielten. Unabhängig hiervon handele sich bei den Brunnengeräuschen um herkömmliche und sozial adäquate und deswegen zumutbare Geräuschimmissionen. Zudem hätten die Kläger einen etwaigen Anspruch auf immissionsschutzrechtliches Einschreiten durch ihre jahrelange Untätigkeit und Hinnahme der Brunnengeräusche verwirkt.
Der von den Klägern hiergegen gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung blieb beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ohne Erfolg. Das Gericht wies den Antrag zurück und führte zur Begründung aus, dass der Brunnen als immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben sei, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden. Schädliche Umwelteinwirkungen seien Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet seien, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Solche schädlichen Umwelteinwirkungen gingen von dem Brunnen auf dem Marienplatz nicht aus.
Der Brunnen liege in einem faktischen Kerngebiet. Daher gelte hier nach der TA Lärm ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A). Dieser werde nach dem von der Beigeladenen eingeholten immissionsschutzrechtlichen Sachverständigengutachten hinsichtlich der Kläger nicht überschritten. Bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Brunnengeräusche seien keine Zuschläge für Tonhaltigkeit, Informationshaltigkeit und Impulshaltigkeit vorzunehmen. Solche Zuschläge seien nur zu machen, wenn objektiv als lästig empfundene Komponenten aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervorträten. Daran fehle es hier.
Zudem seien die von Brunnen ausgehenden Geräusche auf öffentlichen Plätzen einer Gemeinde grundsätzlich als sozial adäquat und damit nicht erheblich störend anzusehen. Zum einen werde das Geräusch von plätscherndem und fallendem Wasser als Naturgeräusch und auch als Verweis auf die Bedeutung von Wasser für die Gründung menschlicher Siedlungen im Allgemeinen als eher angenehm empfunden. Zum anderen würden die Geräusche gerade von Brunnen auf öffentlichen Plätzen als positiv wahrgenommen, weil sie das Stadtbild aufwerten, zum Treffpunkt dienen, zum Verweilen und im Sommer auch zur Abkühlung einladen und damit zur Steigerung der Lebensqualität innenstädtischer Bereiche wesentlich beitragen würden.
Gegen eine Gesundheitsgefahr für die Kläger spreche zudem, dass der Brunnen in der im Hinblick auf Gesundheitsgefahren besonders kritischen Nachtzeit sowie in den Tagesrandzeiten (von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr sowie von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr) nicht in Betrieb sei. Auch seien die Kläger bereits seit über zwei Jahrzehnten den - vor einer Reduzierung des Wasserdurchlaufs des Brunnens am 8. Juli 2014 sogar noch stärkeren - Brunnengeräuschen ausgesetzt, ohne dass Anhaltspunkte für tatsächliche Gesundheitsbeeinträchtigungen vorgetragen oder ersichtlich wären.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.08.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online