18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss20.01.2012

Rücknahme der Einbürgerung eines Mitglieds der "Sauerland-Gruppe" rechtskräftigErmitt­lungs­ver­fahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz arglistig verschwiegen

Die Rücknahme der Einbürgerung eines türkischen Staats­an­ge­hörigen – eines Mitglieds der so genannten "Sauerland-Gruppe" –, der wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereitung eines Explo­si­ons­ver­brechens zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, war rechtmäßig. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte das Verwal­tungs­gericht Sigmaringen mit Urteil vom 20. Juli 2011 entschieden, dass die Stadt Ulm die Einbürgerung eines Mitglieds der so genannten "Sauerland-Gruppe" - eines ehemaligen türkischen Staats­an­ge­hörigen, der wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereitung eines Explo­si­ons­ver­brechens zu einer Freiheitstrafe von 5 Jahren verurteilt worden ist - zu Recht zurückgenommen hat. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat die Berufung gegen dieses Urteil mit nicht zugelassen. Damit ist das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts jetzt rechtskräftig.

Ermitt­lungs­ver­fahren wurde wissentlich verschwiegen, um Einbürgerung nicht zu gefährden

Auch der Verwal­tungs­ge­richtshof geht davon aus, dass der Kläger ein gegen ihn bei der Staats­an­walt­schaft München anhängiges Ermitt­lungs­ver­fahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz arglistig verschwiegen habe. Die Obliegenheit zur Anzeige anhängiger Ermittlungs- und Strafverfahren solle den Staat von der Verpflichtung zur Einbürgerung solcher Ausländer freistellen, die mit Rücksicht auf die Begehung von gewichtigen Straftaten die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht verdienten oder bei denen dies jedenfalls möglich erscheine. Das Verwal­tungs­gericht, so heißt es in den Gründen des Beschlusses, habe zu Recht angenommen, dass dem Kläger die Bedeutung straf­recht­licher Ermitt­lungs­ver­fahren und seine Pflicht zu deren Offenbarung bekannt gewesen seien und er deren Mitteilung nur deshalb unterlassen habe, um seine Einbürgerung nicht zu gefährden. Die Stadt habe ihre Befugnis, die Einbürgerung zurückzunehmen auch nicht verwirkt. Jedenfalls wegen der Verurteilung des Klägers zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe sei sie zu einer rechtlichen Neubewertung berechtigt und verpflichtet gewesen.

Aufrecht­er­halten einer durch arglistige Täuschung erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung unzumutbar

Eine andere Entscheidung als die Rücknahme der Einbürgerung hätte nicht getroffen werden können, da die vom Kläger begangene Straftat, die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit der Vorbereitung eines Explo­si­ons­ver­brechens, so schwer wiege, dass sie einer Einbürgerung absolut entgegenstehe. Bei dieser Sachlage wäre ein Aufrecht­er­halten der durch arglistige Täuschung erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung schlechthin unerträglich. Es sei daher unerheblich, ob eine andere Behörde örtlich zuständig gewesen wäre. Die nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Freiheitsstrafe erfolgte Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung falle nicht entschei­dungs­er­heblich ins Gewicht. Es sei wegen der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit seiner Ehefrau auch fraglich, ob die vom türkischen Staat gegen den Kläger verhängte Einreisesperre den Schluss erlaube, seine Wieder­ein­bür­gerung in den türkischen Staatsverband werde nicht möglich sein. Es sei folglich auch nicht davon auszugehen, dass ihm - als Staatenlosem - mangels Ausrei­semög­lichkeit in einen anderen Staat ein dauerhaftes Aufent­haltsrecht in Deutschland eingeräumt werden müsste. Den Eheleuten sei vielmehr zuzumuten, etwaige Ansprüche auf Herstellung der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft primär gegenüber der Türkei zu verfolgen, die an die in der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention verankerten Menschenrechte gebunden sei. Dies gelte umso mehr, als der Kläger mit seiner Ausreise in die Türkei Anfang Februar 2007 seinen Lebens­mit­telpunkt in Deutschland dauerhaft aufgegeben habe und auch für die fernere Zukunft nicht geplant habe, nach Deutschland zurückzukehren.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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