21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil20.03.2012

Kein Verwer­tungs­verbot bei Einstellung des straf­recht­lichen Ermitt­lungs­ver­fahrensEinstellung eines Ermitt­lungs­ver­fahrens hindert Verwertung zugrunde liegender Taten nicht

Bei der Entscheidung über die Einbürgerung darf das Verhalten eines Ausländers berücksichtigt werden, das Gegenstand eines eingestellten straf­recht­lichen Ermitt­lungs­ver­fahrens war. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebende Kläger des zugrunde liegenden Falls ist türkischer Staats­an­ge­höriger kurdischer Volks­zu­ge­hö­rigkeit. Im März 1989 leitete die General­bun­des­an­walt­schaft wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Dem Kläger wurde vorgeworfen, für die als terroristische Vereinigung eingestufte Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von 1988 bis Februar 1994 Pässe gefälscht zu haben. Im August 1994 stellte die General­bun­des­an­walt­schaft das Verfahren wegen geringer Schuld ein. Die beklagte Stadt Köln lehnte den im Juli 1997 gestellten Einbür­ge­rungs­antrag gleichwohl mit der Begründung ab, der Kläger sei ein aktives hochrangiges Mitglied der PKK.

Verwer­tungs­verbot des Bundes­zen­tra­l­re­gis­ter­ge­setzes steht Berück­sich­tigung des früheren Verhaltens im Einbür­ge­rungs­ver­fahren nicht entgegen

Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat ausgeführt, die Einbürgerung sei kraft Gesetzes (nach § 11 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 und 3 des Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes - StAG*) ausgeschlossen, weil der Kläger durch sein Verhalten extremistische Bestrebungen unterstützt habe. Er habe auch nicht glaubhaft gemacht, sich von der früheren Unterstützung der PKK abgewandt zu haben. Das Verwertungsverbot des Bundes­zen­tra­l­re­gis­ter­ge­setzes (§ 51 Abs. 1 BZRG**) stehe einer Berück­sich­tigung des früheren Verhaltens im Einbür­ge­rungs­ver­fahren nicht entgegen.

Verwer­tungs­verbot erstreckt sich nur auf Taten, bei denen strafrechtliche Verurteilung erfolgte

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Das weit gefasste regis­ter­rechtliche Verwer­tungs­verbot (des § 51 Abs. 1 BZRG) ist grundsätzlich auch bei der Entscheidung über einen Einbür­ge­rungs­antrag zu beachten. Eine Ausnahme von diesem Verbot ist nur in den im Bundes­zen­tra­l­re­gis­ter­gesetz ausdrücklich geregelten Fällen (hier insbesondere des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG***) zulässig. Allerdings erstreckt sich das Verwer­tungs­verbot von vornherein nur auf solche Taten, wegen deren der Ausländer - anders als hier - strafrechtlich verurteilt wurde. Die Einstellung eines Ermitt­lungs­ver­fahrens hindert die Verwertung der zugrunde liegenden Tat nicht.

* § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG lautet auszugsweise:

„Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen … den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind … oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbe­rei­tungs­hand­lungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, …“

** § 51 Abs. 1 BZRG lautet:

„(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.“

*** § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG lautet:

„(1) Die frühere Tat darf abweichend von § 51 Abs. 1 nur berücksichtigt werden, wenn

1. die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder eine Ausnahme zwingend gebietet, …“

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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