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- VG Stuttgart: Abschiebung nach Syrien wegen Gefahr von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unzulässigVerwaltungsgericht Stuttgart, Urteil06.05.2011, A 7 K 510/09
- Arbeitgeber muss in anderem Unternehmen erlangte Berufserfahrung von Arbeitnehmern bei Einstufung in Lohngruppen nicht berücksichtigenGerichtshof der Europäischen Union, Urteil07.06.2012, C-132/11
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil15.03.2013
Syrer hat nach illegaler Ausreise aus Heimatland Anspruch auf Zuerkennung der FlüchtlingseigenschaftFlüchtling droht vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Syrien Gefahr der Verfolgung, Folter und Bestrafung
Ein illegal aus seinem Heimatland ausgereister Syrer hat in Deutschland Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, da dem Mann vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Syrien die Gefahr der Folter bzw. unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafung droht. Dies entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart.
Der 1995 geborene Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist syrischer Staatsangehöriger christlichen Glaubens und stammt aus Al-Malikiya (kurdisch: Derik). Anfang 2011 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 29. August 2012 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers ab und gewährte dem Kläger nur Abschiebungsschutz.
Kläger droht Gefahr der Folter oder unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Bestrafung
Das Verwaltungsgericht Stuttgart führte in seiner Entscheidung aus, dass der Kläger Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hinsichtlich der Arabischen Republik Syrien nach § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes habe. Dabei könne offen bleiben, ob der Kläger unter den gegenwärtig in Syrien herrschenden Bedingungen wegen seines christlichen Glaubens von Verfolgung bedroht sei. Dem Kläger drohe jedenfalls vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Syrien, deren Änderung nicht absehbar sei, wegen seiner illegalen Ausreise, der Asylantragstellung und dem längeren Auslandsaufenthalt die Gefahr, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Das syrische Regime gehe seit Ausbruch der Unruhen im März 2011 mit massiver Gewalt gegen tatsächliche und vermeintliche Oppositionelle vor und habe dabei inzwischen bis zu 70.000 Tote in Kauf genommen. Seit März 2011 seien zahlreiche Fälle von willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren, „Verschwindenlassen“, tätlichen Angriffen, Tötungen im Gewahrsam der Sicherheitskräfte (u.a. eines 13-jährigen Jungen) und Mordanschläge belegt. Das Regime gehe in einer präzedenzlosen Verhaftungswelle gegen die Protestbewegung vor. Unliebsame öffentliche Äußerungen würden auf der Grundlage der Strafgesetze verfolgt, Medienvertreter inhaftiert oder getötet, die Internetnutzung mit ausgefeilter Software überwacht. Nach einem aktuellen Bericht der Syrien-Untersuchungskommission der Vereinten Nationen seien rücksichtsloser und weit verbreiteter Beschuss, die regelmäßige Bombardierung von Städten, Massenmorde und das absichtliche Schießen auf zivile Ziele mittlerweile typisch für das tägliche Leben der Zivilisten in Syrien (Spiegel online vom 11. März 2013).
Syrischer Staat würde illegale Ausreise oder Asylantragstellung zum Anlass für Verfolgungen nehmen
Angesichts der dargestellten gegenwärtigen Menschenrechtslage, des Überlebenskampfes des syrischen Regimes und der Intervention aus dem Ausland sei davon auszugehen, dass der syrische Staat gegenüber Handlungen wie der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung oder dem längeren Auslandsaufenthalt in hohem Maße unduldsam sei, sie als Ausdruck einer von der Ideologie abweichenden Gesinnung ansehe und mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zum Anlass von Verfolgungsmaßnahmen nehme.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.04.2013
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online
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