Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage zweier Anwohner gegen die Umbenennung ihrer Straße von „Amselweg“ in „Vogelweg“ abgewiesen. Der angegriffene Beschluss des Gemeinderats der beklagten Gemeinde vom 22.05.2007, mit dem dieser die Umbenennung der Straße entschieden habe, sei rechtmäßig. Bei der Entscheidung über das Ob und Wie der Umbenennung einer Straße stehe der Gemeinde ein weites, auf dem Selbstverwaltungsrecht beruhendes Ermessen zu.
Dieses Ermessen sei von der Gemeinde fehlerfrei ausgeübt worden. Der Gemeinderat habe im Rahmen der Abwägung dem öffentlichen Interesse an einer klaren Gebietsstruktur gegenüber dem Bestandsschutzinteresse der Anwohner den Vorrang einräumen dürfen. Die Vergabe von Straßennamen diene in erster Linie den Interessen der Allgemeinheit an einer klar durchschaubaren Gliederung des Gemeindegebiets. Hierdurch solle das Auffinden von Wohngebäuden, Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Amtsgebäuden ermöglicht bzw. erleichtert werden. Zur Realisierung dieses Zwecks habe der Gemeinderat die Umbenennung des „Amselwegs“ beschlossen. Da der seit November 2007 rechtskräftig festgesetzte Bebauungsplan eine durchgehende Straße ausweise, habe der „Amselweg“ als Stichstraße nicht beibehalten werden können. Zu Recht verweise die beklagte Gemeinde darauf, dass dem Ziel einer bestmöglichen Strukturierung des Gemeindegebiets am ehesten gedient sei, wenn eine nur ca. 300 m lange Straße lediglich einen Namen führe und nicht, an welcher Stelle auch immer, zwischendurch den Namen wechsle.
Die Umbenennung sei auch unter Berücksichtigung der von den Anwohnern geltend gemachten Nachteile verhältnismäßig. Soweit sich einer der Anwohner auf seine persönliche Bindung zu diesem Straßennamen und einen im Laufe der Zeit gewachsenen Vertrauensschutz auf dessen Fortbestand berufe, sei dieser eher ideelle Wert gegenüber dem allgemeinen Interesse an einer möglichst einfachen Auffindbarkeit von Gebäuden und Adressen nicht höherrangig. Könne damit die Unverhältnismäßigkeit einer Straßenumbenennung begründet werden, würde die Gestaltungsfreiheit der Gemeinde insoweit weitestgehend eingeschränkt werden.
Auch der von der (anderen) Anwohnerin geltend gemachte Kostenaufwand der Adressenänderung vor allem als freiberufliche Bewerbungsberaterin begründe nicht die Unverhältnismäßigkeit der Umbenennung des „Amselwegs“. Das Gericht halte den von ihr errechneten Gesamtbetrag von 5260,00 € bei weitem für überhöht. Von diesem Gesamtbetrag entfielen allein fast 3024,00 € auf den von der Anwohnerin berechneten Arbeitszeitaufwand für die Adressenänderung. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass die Anwohnerin wegen der Adressenänderung deshalb ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen könne. Soweit die Anwohnerin einen Schaden von 600,00 € für nicht mehr verwendbare Werbemittel geltend mache, zugleich aber 1030,00 € an Kosten für neue Werbemittel ansetze, führe sie in Höhe von 600,00 € dieselbe Belastung doppelt an.
Soweit die Anwohner die Rechtswidrigkeit der Umbenennung damit begründet hätten, dass künftig Kunden, Besucher, aber auch ggf. Rettungsfahrzeuge wie Feuerwehr oder Notarzt ihre Gebäude nicht mehr fänden, da die Navigationsgeräte nicht schnell genug aktualisiert würden, habe die beklagte Gemeinde diesem Bedenken dadurch Rechnung getragen, dass bis zum Ende der Baumaßnahmen des neuen Straßenabschnitts das bisherige Straßenschild des „Amselwegs“ beibehalten werde und nach Fertigstellung der Erschließungsstraße für eine Übergangszeit beide Straßenschilder aufgestellt würden. Auch wenn die Aktualisierung der in den Navigationsgeräten verwandten Software nur alle drei bis sechs Monate erfolge, könne deshalb davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in diesem Zeitraum auch jene Autofahrer, die sich eines solchen Navigationssystems bedienten und hierauf vollständig verließen, die Anwohner unter ihrer bisherigen Registrierung im „Amselweg“ finden werden würden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 23.06.2008