18.10.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil11.06.2008

Trotz persönlicher Bindung zum alten Straßennamen: Gericht weist Klage von Anwohnern gegen die Umbenennung ihrer Straße abAnwohner tragen zahlreiche Bedenken gegen Umbenennung ihrer Straße vor

Anwohner können sich nicht gegen eine Straße­n­um­be­nennung mit dem Vortrag wehren, dass sie zu dem alten Straßennamen eine persönliche Beziehung aufgebaut haben. Auch evtl. Kosten für Adres­s­än­de­rungen müssen Anwohner tragen. Dies geht aus einem Urteil des Verwal­tungs­gericht Stuttgart hervor.

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat die Klage zweier Anwohner gegen die Umbenennung ihrer Straße von „Amselweg“ in „Vogelweg“ abgewiesen. Der angegriffene Beschluss des Gemeinderats der beklagten Gemeinde vom 22.05.2007, mit dem dieser die Umbenennung der Straße entschieden habe, sei rechtmäßig. Bei der Entscheidung über das Ob und Wie der Umbenennung einer Straße stehe der Gemeinde ein weites, auf dem Selbst­ver­wal­tungsrecht beruhendes Ermessen zu.

Richter: Gemeinde hat ihr Ermessen hinsichtlich der Straße­n­um­be­nennung richtig ausgeübt

Dieses Ermessen sei von der Gemeinde fehlerfrei ausgeübt worden. Der Gemeinderat habe im Rahmen der Abwägung dem öffentlichen Interesse an einer klaren Gebietsstruktur gegenüber dem Bestands­schut­z­in­teresse der Anwohner den Vorrang einräumen dürfen. Die Vergabe von Straßennamen diene in erster Linie den Interessen der Allgemeinheit an einer klar durchschaubaren Gliederung des Gemeindegebiets. Hierdurch solle das Auffinden von Wohngebäuden, Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Amtsgebäuden ermöglicht bzw. erleichtert werden. Zur Realisierung dieses Zwecks habe der Gemeinderat die Umbenennung des „Amselwegs“ beschlossen. Da der seit November 2007 rechtskräftig festgesetzte Bebauungsplan eine durchgehende Straße ausweise, habe der „Amselweg“ als Stichstraße nicht beibehalten werden können. Zu Recht verweise die beklagte Gemeinde darauf, dass dem Ziel einer bestmöglichen Strukturierung des Gemeindegebiets am ehesten gedient sei, wenn eine nur ca. 300 m lange Straße lediglich einen Namen führe und nicht, an welcher Stelle auch immer, zwischendurch den Namen wechsle.

Kläger hat persönliche Bindung zu dem alten Straßennamen

Die Umbenennung sei auch unter Berück­sich­tigung der von den Anwohnern geltend gemachten Nachteile verhältnismäßig. Soweit sich einer der Anwohner auf seine persönliche Bindung zu diesem Straßennamen und einen im Laufe der Zeit gewachsenen Vertrau­ens­schutz auf dessen Fortbestand berufe, sei dieser eher ideelle Wert gegenüber dem allgemeinen Interesse an einer möglichst einfachen Auffindbarkeit von Gebäuden und Adressen nicht höherrangig. Könne damit die Unver­hält­nis­mä­ßigkeit einer Straßenumbenennung begründet werden, würde die Gestal­tungs­freiheit der Gemeinde insoweit weitestgehend eingeschränkt werden.

Anwohnerin behauptet über 5.000,- € Kosten für Adressänderung zu haben

Auch der von der (anderen) Anwohnerin geltend gemachte Kostenaufwand der Adres­sen­än­derung vor allem als freiberufliche Bewer­bungs­be­raterin begründe nicht die Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Umbenennung des „Amselwegs“. Das Gericht halte den von ihr errechneten Gesamtbetrag von 5260,00 € bei weitem für überhöht. Von diesem Gesamtbetrag entfielen allein fast 3024,00 € auf den von der Anwohnerin berechneten Arbeits­zeit­aufwand für die Adres­sen­än­derung. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass die Anwohnerin wegen der Adres­sen­än­derung deshalb ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen könne. Soweit die Anwohnerin einen Schaden von 600,00 € für nicht mehr verwendbare Werbemittel geltend mache, zugleich aber 1030,00 € an Kosten für neue Werbemittel ansetze, führe sie in Höhe von 600,00 € dieselbe Belastung doppelt an.

Anwohner befürchten, dass Naviga­ti­o­ns­geräte nicht schnell genug umgestellt und Feuerwehr sowie Notärzte sie nicht finden würden

Soweit die Anwohner die Rechts­wid­rigkeit der Umbenennung damit begründet hätten, dass künftig Kunden, Besucher, aber auch ggf. Rettungs­fahrzeuge wie Feuerwehr oder Notarzt ihre Gebäude nicht mehr fänden, da die Naviga­ti­o­ns­geräte nicht schnell genug aktualisiert würden, habe die beklagte Gemeinde diesem Bedenken dadurch Rechnung getragen, dass bis zum Ende der Baumaßnahmen des neuen Straße­n­ab­schnitts das bisherige Straßenschild des „Amselwegs“ beibehalten werde und nach Fertigstellung der Erschlie­ßungs­straße für eine Übergangszeit beide Straßenschilder aufgestellt würden. Auch wenn die Aktualisierung der in den Naviga­ti­o­ns­geräten verwandten Software nur alle drei bis sechs Monate erfolge, könne deshalb davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in diesem Zeitraum auch jene Autofahrer, die sich eines solchen Naviga­ti­o­ns­systems bedienten und hierauf vollständig verließen, die Anwohner unter ihrer bisherigen Registrierung im „Amselweg“ finden werden würden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 23.06.2008

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