Dokument-Nr. 11453
Permalink https://urteile.news/
- "Stuttgart 21": Streit um Auflagen zur Luftreinhaltung im Planfeststellungsbeschluss durch Vergleich beendetVerwaltungsgericht Stuttgart, Vergleich06.12.2010, 13 K 4188/10
- VGH Baden-Württemberg erlaubt Demonstration gegen Stuttgart 21 vor Hauptbahnhof - trotz VerkehrsbeeinträchtigungenVerwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss29.10.2010, 1 S 2493/10
- Stuttgart 21: Eilverfahren wegen Baumfällarbeiten im mittleren Schlossgarten beendetVerwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss13.10.2010, 13 K 3749/10
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil07.04.2011
VG Stuttgart: IHK Plakate zum Bahnprojekt "Stuttgart 21" rechtswidrigIHK muss als Zwangskörperschaft des öffentlichen Rechts bei Äußerungen höchstmögliches Maß an Objektivität gewährleisten
Ein am Gebäude der IHK in Stuttgart angebrachtes Plakat mit der Aussage "S 21, mehr Jobs, mehr Tempo, mehr Stadt" zum so genannten Bahnprojekt "Stuttgart 21" sowie der Abdruck des Plakats im Magazin der IHK ist rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart.
Die klagende Firma des zugrunde liegenden Streitfalls ist Pflichtmitglied bei der IHK Region Stuttgart. Das Unternehmen begehrt mit der erhobenen Klage die Feststellung, dass die in einem Plakat enthaltene Aussage "S 21, mehr Jobs, mehr Tempo, mehr Stadt", welches am Gebäude der IHK angebracht war, sowie der Abdruck des Plakats im IHK-Magazin 10/2010 rechtswidrig waren.
Plakataktion mangelt es an Objektivität
Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit der beanstandeten Plakatierung die Grenzen dessen überschritten sind, was sie als Pflichtmitglied der IHK an Meinungsäußerungen der Körperschaft hinzunehmen habe. Die IHK habe die Aufgabe, die auf den Kammerbezirk bezogene Vertretung der Interessen der gewerblichen Wirtschaft wahrzunehmen. Es müsse daher stets das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft beachtet werden, wozu ein höchstmögliches Maß an Objektivität erforderlich sei. Die Plakataktion überschreite das Maß des Zulässigen, da die hierin enthaltenen Aussagen weder objektiv seien, noch Minderheitenpositionen dargestellt würden. Zudem sei die Aktion nicht im gebotenen Umfang von der Kammervollversammlung beschlossen worden.
IHK hält Hinweis auf Minderheitenpositionen für nicht erforderlich
Dagegen erachtet die beklagte IHK sowohl die Plakatierung selbst als auch die konkreten Aussagen für zulässig. Die IHK Region Stuttgart dürfe sich, da sich das Bahnprojekt Stuttgart 21 auf die Belange der gewerblichen Wirtschaft des Kammerbezirks auswirke, sowohl mit dem Verkehrsprojekt beschäftigen als sich auch hierzu äußern. Da ein Plakat kein politisches Grundsatzpapier darstelle, sei ein Hinweis auf Minderheitenpositionen nicht erforderlich. Zudem habe sich die Vollversammlung zuvor mehrfach mit dem Projekt beschäftigt und sich stets dazu bekannt.
Plakative Äußerungen werden gefordertem Höchstmaß an Objektivität nicht gerecht
Das Verwaltungsgericht Stuttgart gab der Klage statt. Zwar bewege sich die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart - IHK - mit einer Stellungnahme zu S 21 grundsätzlich im Rahmen ihrer durch das IHK-Gesetz eingeräumten Kompetenz, doch beanstande die Klägerin als Zwangsmitglied der IHK zu Recht die konkrete Form der Äußerung. Die IHK sei nämlich als eine Zwangskörperschaft des öffentlichen Rechts - anders als ein privatrechtlicher Verein oder eine Partei - gehalten, bei ihren Äußerungen ein höchstmögliches Maß an Objektivität zu gewährleisten. Dem werde eine plakative Äußerung nur in einer Richtung zu einem auch innerhalb der IHK kontrovers diskutierten Projekt in einer politisch zugespitzten Situation nicht gerecht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.04.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil11453
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.