23.11.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil13.12.2010

VG Stuttgart: Morgendliches liturgisches Glockenläuten ab 6 Uhr zulässigGlockengeläut ist durch Grundrecht der ungestörten Religi­o­ns­ausübung und Glaubens- und Bekennt­nis­freiheit der Kirchengemeinde geschützt

Tägliches, zweiminütiges Glockenläuten (Betläuten) zwischen 6 und 8 Uhr morgens aus dem Glockenturm einer evangelischen Kirchengemeinde ist nicht zu beanstanden. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Stuttgart.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls wohnt ca. 100 m entfernt von einer Kirche. Er hatte geltend gemacht, durch das frühmor­gendliche Geläut werde er in seiner grundrechtlich geschützten negativen Bekennt­nis­freiheit verletzt. Der Staat sei verpflichtet, Störungen der Religionsausübung durch Dritte zu verhindern. Von der beklagten Kirchengemeinde werde er zu einer systematischen stetigen Kenntnisnahme eines akustischen religiösen Zeichens gezwungen. Infolge der Beschallung durch die Kirchenglocken sinke der Immobilienwert seines Grundstücks. Außerdem störe der Lärm der Glocken die Schlafqualität. Das Glockengeläut um 6 Uhr morgens sei auch nicht sozial adäquat. 61 Prozent der Westdeutschen legten keinen Wert auf Kirchen­glo­cken­schall.

Einzelner hat kein Recht auf Verschonung von fremden Glaubens­be­kun­dungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Unterlassung des liturgischen Glockengeläuts zwischen 6 und 8 Uhr morgens. Der vom Kläger geltend gemachten negativen Bekennt­nis­freiheit stehe das gleichermaßen geschützte Grundrecht der ungestörten Religi­o­ns­ausübung (zu der auch das Glockengeläut gehört) und der Glaubens- und Bekennt­nis­freiheit der Kirchengemeinde entgegen. Ein Ausgleich dieser kollidierenden Grund­rechts­po­si­tionen sei vorliegend nicht geboten, da keine vom Staat geschaffene Lage wie z.B. in Schulen, Gerichts­ge­bäuden u.ä. bestehe, in welcher der Einzelne ohne Ausweich­mög­lichkeit dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen dieser sich manifestiert, und den Symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt sei. In einer Gesellschaft, die unter­schied­lichen Glaubens­über­zeu­gungen Raum gebe, habe der Einzelne kein Recht darauf, von fremden Glaubens­be­kun­dungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Im Übrigen sei wohl auch die Verkündigung der muslimischen Botschaft durch den Muezzin-Ruf vom Minarett nicht anders als kirchliches Glockengeläut zu beurteilen. Dementsprechend könne die negative Bekennt­nis­freiheit Einzelner dem Ruf des Muezzin nicht entge­gen­ge­halten werden.

Morgendliches Gebetsläuten stellt zumutbare, sozialadäquate und allgemein akzeptierte Äußerung kirchlichen Lebens dar

Dem Kläger stehe der von ihm geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch auch nicht nach dem Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz zu. Bei der hierbei vorzunehmenden Einzel­fa­ll­prüfung sei zu berücksichtigen, dass das liturgische Glockengeläut aufgrund des verfas­sungs­rechtlich garantierten Selbst­be­stim­mungs­rechts der Kirchen und des Schutzes der freien Religi­o­ns­ausübung privilegiert sei. In der Regel stelle das morgendliche Gebetsläuten eine zumutbare, sozialadäquate und allgemein akzeptierte Äußerung kirchlichen Lebens dar, die - wenn sie sich nach Zeit, Dauer und Intensität im Rahmen des Herkömmlichen halte - auch in einer säkularisierten Gesellschaft bei Würdigung der wider­strei­tenden Interessen hinzunehmen sei. Die sei vorliegend der Fall. Das morgendliche Gebetsläuten finde nicht vor Tagesanbruch statt. Die Zeit der Nachtruhe gelte, auch nach der TA Lärm, um 6 Uhr regelmäßig als beendet. Auch die Dauer des Geläuts von zwei Minuten sei nicht zu beanstanden. Schließlich seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Stärke des Geläuts über das Übliche hinausgehe.

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online

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