18.10.2024
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Verwaltungsgericht Schleswig Beschluss23.04.2009

VG Schleswig stoppt Veröf­fent­lichung von Agrar­sub­ven­ti­o­ns­emp­fängern im InternetDatenschutz kontra Transparenz von Subventionen - Gefahr der missbräuch­lichen Weiter­ver­a­r­beitung durch Dritte bei Veröf­fent­lichung von Daten im Internet

Das Verwal­tungs­gericht Schleswig hat in drei Eilverfahren die für Ende April 2009 nach EU-Recht vorgeschriebene Veröf­fent­lichung von geleisteten Agrar­sub­ven­tionen unter Namensnennung der betroffenen Landwirte bzw. Firmen im Internet vorläufig gestoppt.

Nach EU-Recht ist im Rahmen einer sogenannten "Europäischen Trans­pa­ren­zi­n­i­tiative" vorgesehen, dass geleistete EU-Subventionen – insbesondere im Agrarbereich – unter Nennung des Namens des Leistungs­emp­fängers, seines Wohn- oder Betriebsortes und der Höhe der Zahlung im Internet zu veröffentlichen sind. Betroffen davon sind in Schleswig-Holstein etwa 16.000, bundesweit etwa 370.000 landwirt­schaftliche Betriebe.

Kläger: Informationen im Internet lassen Rückschlüsse auf nicht für die Öffentlichkeit bestimmte betrie­bs­be­zogene Daten zu

Die Antragsteller der drei Eilverfahren, exemplarisch ein Landwirt als natürliche Person, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, hatten geltend gemacht, die vorgesehene Veröffentlichung der Daten im Internet verletze das europarechtlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens – insoweit vergleichbar dem vom Grundgesetz gewährleisteten Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung – bzw. verstoße gegen betrieblichen Datenschutz im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betrie­bs­ge­heim­nissen. Die für jedermann unkon­trol­lierbar zugänglichen Informationen im Internet ließen Rückschlüsse auf persönliche Einkommen inklusive Einkom­mens­schwan­kungen, Kredit­wür­digkeit und andere nicht für die Öffentlichkeit bestimmte betrie­bs­be­zogene Daten, etwa in Bezug auf die Größe des Betriebes oder ähnliches zu. Dies sei von einem Interesse der Öffentlichkeit an einer Transparenz von geleisteten (Agrar-) Subventionen nicht mehr gedeckt.

Gericht äußert Zweifel, ob veröffentlichte Daten im angemessenen Verhältnis zu Transparenz bei Subven­ti­o­ns­vergabe stehen

Die 1. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Schleswig ist dieser Argumentation im Wesentlichen gefolgt und hat erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Veröf­fent­lichung der genannten Daten im Internet geäußert. Neben formellen Bedenken hinsichtlich der betreffenden EU-Verordnung bestehen diese Bedenken hauptsächlich bezüglich einer Veröf­fent­lichung gerade im Internet. Damit werde weltweit ein nicht rückver­folgbarer Zugang zu diesen Daten ermöglicht, der eine mögliche Kontrolle missbräuch­licher Weiter­ver­a­r­beitung durch Dritte erheblich erschwere. Das Gericht hat, selbst wenn es sich nur um Daten mittlerer Sensibilität handelt, ganz erhebliche Zweifel daran, ob die Veröf­fent­lichung im Internet ohne zusätzliche Siche­rungs­me­cha­nismen noch in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel einer erhöhten Transparenz bei der Subven­ti­o­ns­vergabe steht.

Keine Veröf­fent­lichung von Daten bis zur Entschei­dungs­ver­öf­fent­lichung des Europäischen Gerichtshofs

Mit den ausgesprochenen einstweiligen Anordnungen wird das Schleswig-Holsteinische Landwirt­schafts­mi­nis­terium verpflichtet, die Veröf­fent­lichung der betreffenden Daten solange zu unterlassen, bis der Europäische Gerichtshof über eine Vorlage des Verwal­tungs­ge­richts Wiesbaden zur selben Problematik entschieden hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Schleswig-Holstein

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