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Verwaltungsgericht Oldenburg Urteil22.05.2012

Wohnungs­be­schlagnahme zur Vermeidung von Obdachlosigkeit darf nicht länger als sechs Monate andauernBehörde muss bei längerdauernder Wohnungs­be­schlagnahme fehlenden anderweitigen Wohnraum nachweisen können

Die Beschlagnahme einer Wohnung zur Abwendung einer drohenden Obdachlosigkeit ist grundsätzlich möglich und zulässig. Gleichwohl darf eine Wohnung jedoch nur bis zu sechs Monaten beschlagnahmt werden. Die Behörden müssen zudem nachweisen, dass anderweitiger zumutbarer Wohnraum nicht zur Verfügung steht. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Oldenburg.

Im zugrunde liegenden Fall war Mietern einer Wohnung im Landkreis Leer gekündigt worden, weil sie mit den Mietzahlungen im Rückstand gewesen seien. Das Amtsgericht Leer verurteilte die Mieter am 16. Juni 2011, die Wohnung herauszugeben. Die Wohnung sollte im August 2011 zwangsweise geräumt werden. Die Gemeinde beschlagnahmte daraufhin die Wohnung und wies die vorherigen Mieter zur Abwendung der Obdachlosigkeit in die Wohnung ein. Die zunächst bis zum 31. Oktober 2011 befristete Maßnahme verlängerte die Gemeinde in der Folgezeit mehrfach, zuletzt bis zum 31. Mai 2012.

Vermieter bemängelt, ein rechtskräftiges Räumungsurteil mehr als ein dreiviertel Jahr lang nicht durchsetzen zu können

Gegen die von der Gemeinde angeordnete Beschlagnahme richtete sich die Ende März 2012 erhobene Klage. Zur Begründung der Klage war u.a. ausgeführt worden, dass ein Vermieter es nicht dulden müsse, dass ein rechtskräftiges Räumungsurteil mehr als ein dreiviertel Jahr lang nicht durchgesetzt werden könne. Den Mietern hätte auch keine unverschuldete Obdachlosigkeit gedroht. Ihnen sei seit mehr als einem dreiviertel Jahr klar gewesen, dass sie die bisherige Unterkunft hätten verlassen müssen. Weder die Mieter noch die Gemeinde hätten hinreichende Bemühungen unternommen, um eine geeignete Ersat­zun­terkunft zu finden.

Wohnung darf grundsätzlich nur bis zu sechs Monaten beschlagnahmt werden

Das Verwal­tungs­gericht Oldenburg gab der Klage statt. In der Urteils­be­gründung führte das Gericht aus, dass nach dem Nieder­säch­sischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung die Beschlagnahme einer Wohnung zur Abwendung einer drohenden Obdachlosigkeit möglich sei. Insbesondere für eine Familie mit einem kleinen Kind stelle die Obdachlosigkeit eine erhebliche Gefahr dar. Gleichwohl dürfe eine Wohnung grundsätzlich nur bis zu sechs Monaten beschlagnahmt werden. Zudem müsse die Behörde nachweisen, dass anderweitiger zumutbarer Wohnraum nicht zur Verfügung stehe. Das sei der Gemeinde nicht gelungen. Die Gemeinde habe die vorherigen Mieter lediglich dazu angehalten, sich um Ersatzwohnraum zu bemühen. Ausreichende eigene Anstrengungen der Gemeinde, eine andere Möglichkeit der Unterbringung zu finden, seien nicht erkennbar gewesen. Solche Anstrengungen seien aber insbesondere dann erforderlich, wenn - wie hier - die ehemaligen Mieter die Wohnung nach einem rechtskräftigen zivil­recht­lichen Urteil schon längst hätten räumen müssen.

Quelle: Verwaltungsgericht Oldenburg/ra-online

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