21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil28.01.2013

Abberufung eines NPD-Mitglieds aus Kreis­rechts­aus­schuss rechtmäßigAuch negatives außeramtliches Verhalten eines Beisitzers des Kreis­aus­schusses kann Amtspflicht­ver­letzung darstellen

Die Abberufung eines Beisitzers aus dem Kreis­rechts­aus­schuss eines Landkreises wegen dessen Mitgliedschaft in der NPD und wiederholter Amtspflicht­ver­let­zungen ist rechtmäßig. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Neustadt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist Mitglied in der NPD. Seit Juli 2009 gehört er dem Kreistag des Südwest­pfa­lz­kreises an, der aus 42 Mitgliedern besteht. Im August 2009 wählte ihn der Kreistag als Beisitzer in den Kreis­rechts­aus­schuss des Landkreises Südwestpfalz. Der Kreis­rechts­aus­schuss ist zuständig für Widersprüche gegen Entscheidungen des Landkreises und ihm angehörender (Verbands-) Gemeinden und besteht aus dem Landrat bzw. seinem Vertreter sowie zwei Beisitzern. Das Amt des Beisitzers ist ein Ehrenamt und kann von jedem nach dem Kommu­nal­wahl­gesetz wählbaren Bürger ausgeübt werden.

Kreistag beschließt Abberufung des Klägers als Beisitzer im Kreis­rechts­aus­schuss

In der Sitzung des Kreistages am 18. Juni 2012 beschloss der Kreistag des Landkreises Südwestpfalz nach Anhörung des Klägers die Abberufung des Klägers als Beisitzer im Kreis­rechts­aus­schuss. Zur Begründung führte der Kreistag aus, der Kläger habe seine Amtspflichten gröblich verletzt. Er habe gegen die allgemeine Treuepflicht verstoßen, indem er mehrmals nachhaltig die Verwal­tungs­a­bläufe gestört habe. Das Ansehen und die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Kreis­rechts­aus­schusses seien durch die Mitwirkung des Klägers als Beisitzer in erheblichem Maße gefährdet.

Kläger vermutet Mitgliedschaft in NPD als Grund für Abwahl

Der Kläger hat im September 2012 Klage gegen die Abberufung als Beisitzer aus dem Kreis­rechts­aus­schuss erhoben. Eine gröbliche Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Beisitzer im Kreis­rechts­aus­schuss habe der Kreistag nicht dargelegt, sie sei auch nicht ersichtlich. Tatsächlich sei allein seine Mitgliedschaft in der NPD der eigentliche Grund für seine Abwahl gewesen. Die NPD sei aber keine verbotene Partei.

Kläger bietet als Mitglied der NPD nicht die Gewähr, für freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Entscheidung des Kreistages, den Kläger als Beisitzer aus dem Kreis­rechts­aus­schuss abzuberufen, rechtlich nicht zu beanstanden sei. Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sei ein Beisitzer von seinem Amt abzuberufen, wenn er seine Amtspflichten gröblich verletzt habe. Dies sei hier der Fall. Ein Beisitzer im Kreis­rechts­aus­schuss übe ein Ehrenamt aus und unterliege deshalb gegenüber dem Landkreis einer besonderen Treuepflicht. Der Kreis­rechts­aus­schuss sei weisungs­u­n­ab­hängig und überprüfe das vom Bürger beanstandete Verhalten der Verwaltung auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit. Insofern übe er hoheitliche Gewalt aus. Die Stellung des von Weisungen des Landkreises unabhängigen Beisitzers des Rechts­aus­schusses sei derjenigen eines ehrenamtlichen Richters angenähert. Dieser unterliege jedoch einer Pflicht zur besonderen Verfas­sungstreue. Da der Beisitzer dasselbe Stimmrecht wie der vorsitzende Landrat bzw. dessen Vertreter habe, dieser aber die Gewähr dafür bieten müsse, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, müsse dies ebenso für die Beisitzer gelten. Der Kläger biete diese Gewähr aber nicht. Er sei langjähriges Mitglied in der NPD, einer rechtsextremen Partei, und nehme dort eine herausgehobene Funktion wahr. So gehöre er als NPD-Mitglied dem Kreistag des Landkreises Südwestpfalz. Er trete als Organisator recht­s­ex­tre­mis­tischer Demonstrationen und Veranstaltungen in Erscheinung und berichte auf den Seiten des NPD-Kreisverbandes Westpfalz und der "Pfalzstimme", deren Herausgeber er sei, über aktuelle politische Themen und Veranstaltungen der NPD sowie anderer recht­s­ex­tre­mis­tischer Organisationen. Bei Kundgebungen verunglimpfe er die Bundesrepublik öffentlich als "Bananenrepublik", "BRD-Regime" und "Besatzer-Regime".

Negative Äußerungen zur Kreisverwaltung in der Zeitung stellen Verstoß gegen Treuepflicht dar

Zwar habe es bisher keine aktenkundigen Beanstandungen aufgrund seines Verhaltens in Sitzungen des Kreis­rechts­aus­schusses gegeben. Jedoch stelle auch ein außeramtliches Verhalten eines Beisitzers eine Amtspflichtverletzung dar, wenn durch dessen gezeigtes Verhalten sein Ansehen in einem solchen Maße erschüttert werde, dass seine Vertrau­ens­wür­digkeit ausgeschlossen werde. Davon sei hier auszugehen. Der Kläger habe mehrfach mit E-Mails die Betriebsabläufe in der Kreisverwaltung gestört, um Arbeitskraft zu binden und zu provozieren. Ferner habe der Kläger einen Beitrag in der "Pfalzstimme" verfasst ("NPD legt Bürokratie in der Südwestpfalz lahm"), in dem er seine negative Einstellung zur Kreisverwaltung eindeutig zu erkennen gegeben habe. Mit diesem Artikel habe er ebenfalls gegen die Treuepflicht verstoßen. Es sei aufgrund einer Gesamtschau nicht anzunehmen, dass der Kläger seiner Aufgabe im Rechtsausschuss unvor­ein­ge­nommen (z.B. Ausländer betreffend) und offen für unter­schiedliche Auffassungen und Überzeugungen nachzukommen vermöge. Das Ansehen des Rechts­aus­schusses als von Weisungen unabhängiges Kontrollorgan bei der Kreisverwaltung sei daher in hohem Maße gefährdet.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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