21.11.2024
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Dokument-Nr. 14562

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Urteil07.11.2012BundesverwaltungsgerichtBVerwG 8 C 28.11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NVwZ-RR 2013, 357Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 357
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Bundesverwaltungsgericht Urteil07.11.2012

Widerruf der Bestellung als Bezirksschorn­steinfeger­meister wegen außer­be­ruf­licher antisemitischer Betätigung gerechtfertigtGrundrechte stehen Widerruf der Bestellung nicht entgegen

Die Bestellung eines Bezirksschorn­steinfeger­meisters darf wegen fehlender persönlicher Zuverlässigkeit widerrufen werden, wenn er sich außerberuflich über mehrere Jahre hinweg an der öffentlichen Ehrung der Mörder des früheren deutschen Außenministers Walther Rathenau aktiv beteiligt hat und dazu weiterhin steht. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der im Jahre 1958 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls ist seit 1987 als Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister bestellt und war zuletzt für einen Kehrbezirk im Burgenlandkreis zuständig. Er betätigt sich aktiv für die Natio­na­l­de­mo­kra­tische Partei (NPD), ohne Mitglied dieser Partei zu sein. Er ist seit dem Jahr 2004 Vorsitzender der NPD-Fraktion im Stadtrat von Laucha, seit 2007 Mitglied der NPD-Fraktion im Kreistag des Burgen­land­kreises und hatte im Jahr 2005 als unabhängiger Kandidat auf der Landesliste Sachsen-Anhalt der NPD für die Wahlen zum Deutschen Bundestag kandidiert. In den Jahren 2001 bis 2004 sowie 2006 und 2007 nahm er an Veranstaltungen zum Gedenken an die Mörder des Außenministers der Weimarer Republik Walther Rathenau in Bad Kösen, Ortsteil Saaleck, teil, wo er 2004 an einer Kranz­nie­der­legung mitwirkte und 2007 zudem eine Rede hielt. Weitere außerberufliche Aktivitäten des Klägers sind zwischen den Beteiligten umstritten.

Vorinstanzen: Vorgehaltene Aktivitäten haben keinen Bezug zu Berufstätigkeit

Der Beklagte widerrief die Bestellung des Klägers als Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister mit der Begründung, dass dieser nicht die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Berufes besitze. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwal­tungs­gericht und dem Oberver­wal­tungs­gericht Erfolg. Zur Begründung hieß es, die dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten wiesen keinen Bezug zu seiner Berufstätigkeit auf.

Schorn­steinfeger unterliegen allgemeiner Rechts­ge­bun­denheit der Verwaltung und müssen insbesondere die Grundrechte ihrer Kunden beachten

Auf die Revision des Beklagten hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht diese Urteile geändert und die Klage abgewiesen. Das außerberufliche Verhalten dürfe bei der Beurteilung, ob der Kläger verlässlich die Gewähr dafür biete, dass er bei der Ausübung seines Berufes die geltende Rechtsordnung und namentlich die Grundrechte seiner Kunden beachten werde, nicht ausgeblendet werden. Zwar unterlägen Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister nicht einer Pflicht zur Verfassungstreue, wie sie nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts bei Beamten vorausgesetzt werde. Anders als sonstige Gewer­be­treibende seien sie aber bei der Feuer­stät­tenschau, der Bauabnahme sowie der Überprüfung auf eine rationelle Energie­ver­wendung mit öffentlichen Aufgaben betraut (beliehen) und als solche Glied der öffentlichen Verwaltung. Insofern unterlägen sie der allgemeinen Rechts­ge­bun­denheit der Verwaltung und müssten insbesondere die Grundrechte ihrer Kunden beachten.

Billigung des Mordes offenbart antisemitische und rassistische Grundhaltung und missachtet elementare Grundrechte von Mitbürgern

Durch seine jahrelange aktive Beteiligung an den „Totenehrungen“ für die Mörder Walther Rathenaus in Saaleck habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass für ihn selbst schwerste und zudem antisemitische Straftaten billigenswert und die Täter gar vereh­rungs­würdig seien, sofern sie den von ihm für richtig gehaltenen Zielen dienten. Walther Rathenau sei in der Weimarer Republik wegen seines jüdischen Glaubens Ziel hasserfüllter antisemitischer Hetzkampagnen gewesen („Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverdammte Judensau!“), was dem Kläger bekannt sei. Zudem habe der Kläger mit der Kranz­nie­der­legung die natio­nal­so­zi­a­lis­tische Wertung des Rathenau- Mordes übernommen, was auch in dem Kranz­schlei­fen­aufdruck zum Ausdruck gekommen sei, den die NS-Machthaber 1933 als Inschrift auf dem Grabstein verwendet hätten. Die Billigung der Ermordung eines Menschen u.a. wegen seines jüdischen Glaubens und die Ehrung der Mörder offenbare eine antisemitische und rassistische Grundhaltung, die elementare Grundrechte von Mitbürgern gering achte.

Vertrauen der Bürger in unparteiische und rechts­s­taatliche Aufga­ben­wahr­nehmung des Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meisters durch dessen Verhalten erschüttert

Das sei für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben eines Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meisters von unmittelbarer Relevanz, wenn er etwa in Privat­haus­halten von Mitbürgern tätig werden solle. Dem komme erhöhte Bedeutung zu, weil die Eigentümer und Besitzer von Wohnungen verpflichtet seien, dem Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister den Zutritt zu ihren Wohnungen zu gestatten, und dem für ihren Bezirk zuständigen Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister nicht ausweichen könnten. Das Vertrauen der Bürger in eine unparteiische und rechts­s­taatliche Aufga­ben­wahr­nehmung des Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meisters werde erschüttert, wenn dieser durch außer­be­ruf­liches Verhalten zu erkennen gebe, dass er die geltenden Gesetze und die Grundrechte von Mitbürgern - auch von ethnischen oder religiösen Minderheiten - nicht uneingeschränkt und verlässlich achte. Grundrechte des Klägers stünden dem Widerruf seiner Bestellung nicht entgegen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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