Verwaltungsgericht Münster Urteil06.02.2020
Bürogebäude darf nicht als Bordell genutzt werdenBaugenehmigung verstößt gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts
Das Verwaltungsgericht Münster hat die für ein ehemaliges Bürogebäude in Dülmen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung in ein Bordell aufgehoben.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Nachbar des betreffenden Grundstücks gegen die Genehmigung zur Nutzung eines ehemaligen Bürogebäudes als Bordell geklagt. Zur Begründung machten die Kläger unter anderem geltend, dass der genehmigte Bordellbetrieb in dem durch Wohnhäuser und nicht störende Gewerbebetriebe geprägten Gebiet unzulässig sei, weil mit milieutypischen Begleiterscheinungen wie Belästigungen durch alkoholisierte oder unzufriedene Kunden, organisierter Kriminalität und Straftaten zu rechnen sei. Auch verletze das genehmigte Vorhaben unmittelbar neben den Wohnhäusern das baurechtliche Rücksichtnahmegebot.
Von der Baugenehmigung umfasste Nutzungsänderung lässt gebotene Rücksichtnahme vermissen
Das Verwaltungsgericht Münster folgte dieser Argumentation und gab den Klagen nunmehr statt. In den Entscheidungsgründen der Urteile heißt es jeweils unter anderem, dass die erteilte Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoße. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung sowie der Auswertung des Kartenmaterials handele es sich bei dem betreffenden Gebiet nicht um ein Gewerbe- oder Mischgebiet, sondern um eine Gemengelage, die nach der bauplanungsrechtlichen Vorschrift für nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegende Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles zu beurteilen sei. Hiervon ausgehend lasse die von der Baugenehmigung umfasste Nutzungsänderung die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Nähe vorhandene Wohnbebauung vermissen, weil sie sich im Hinblick auf die sich aus dem Milieu ergebenden Begleiterscheinungen eines Bordells als unzumutbar erweise.
VG geht von Unzumutbarkeit und Verstoß gegen bauplanungsrechtliches Rücksichtnahmegebot aus
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach für Bordellbetriebe wegen ihrer regelmäßigen Begleiterscheinungen eher Standorte geeignet seien, die nicht in der Nachbarschaft von Wohnungen lägen, gehe das Gericht bei der hier gegebenen unmittelbaren Nachbarschaft zur klägerischen Wohnnutzung von einer Unzumutbarkeit und damit einem Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus. Eine hiervon abweichende Betrachtung wegen der Besonderheiten des streitgegenständlichen Vorhabens, etwa wegen der beschränkten Öffnungszeit und des Umstandes, dass weder Speisen noch Getränke ausgegeben werden sollten und auch keine besonderen Betriebsarten wie Striptease, Table-Dance oder Filmvorführungen vorgesehen seien, sei nicht vorzunehmen. Denn durch die Baugenehmigung sei nicht etwa sichergestellt, dass die genannten typischen Begleiterscheinungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen wären.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2020
Quelle: Verwaltungsgericht Münster, ra-online(pm/ab)